Berlin, Brüssel, Bundestag, EU-Kommission, Verbraucherpolitik, Wirtschaftspolitik
Der kanadische Premier Stephen Harper und Kommissionspräsident José Manuel Barroso (v.l.n.r.) © European Union, 2014
25.09.2014

Freihandelsabkommen CETA und TTIP – Streit um Investorenschutz

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Das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP wird zur Zeit zwischen EU-Kommission und USA verhandelt. Der kleine Bruder, das CETA-Abkommen mit Kanada, ist bereits fertig. In beiden Abkommen soll ein Mechanismus verankert sein, der Investoren vor Verlusten schützt. Genau daran entzündet sich heftige Kritik – auch aus Berlin.

Vor TTIP soll zunächst das Freihandelsabkommen CETA mit Kanada geschlossen werden. Es gilt als Blaupause für TTIP. Der ausgehandelte Vertragstext wurde in einer Vorabversion geleaked und kann bei tagesschau.de und netzpolitik.org heruntergeladen werden.

Befürworter wollen Handelshemmnisse abbauen und erwarten einen Gewinn für die Volkswirtschaften. Unternehmen könnten so leichter ihre Produkte in den jeweils anderen Wirtschaftsraum exportieren. So würden Arbeitsplätze gesichert.

Gegner befürchten, dass mit den Abkommen Umwelt- und Verbraucherstandards in Europa gesenkt werden können. Unter anderem der kanadische Think Tank „Canadian Centre for Policy Alternatives“ hat das CETA-Abkommen analysiert. In Ihrem Bericht kommen die Analysten zu dem Schluss, dass das Abkommen große, multinationale Unternehmen gegenüber Konsumenten, der Umwelt und dem öffentlichen Interesse bevorzuge. So sei es nicht mehr möglich, einmal privatisierte Unternehmen von der Kommune zurückzukaufen. Außerdem könnten hohe europäische Verbraucherstandards, zum Beispiel bei genetisch veränderten Lebensmitteln, an niedrigere kanadische Vorgaben angepasst werden.

Bundeskanzlerin Merkel versuchte in einer Rede beim Zentralverband des Handwerks in der vergangenen Woche genau solche Befürchtungen in Bezug auf TTIP zu zerstreuen:

 

 

Umstrittener Investorenschutz

Einer der meistkritisierten Punkte bei beiden Abkommen sind Klauseln zum Investorenschutz. Mit diesen ISDS (investor-state dispute settlement) sollen Unternehmen ihre Investitionen besser schützen können. Wird durch neue Gesetzgebung der erwartete Gewinn einer Investition gefährdet, können Unternehmen Staaten vor diesen privaten Schiedsgerichten auf Schadensersatz verklagen. So, wie gerade Vattenfall versucht von der Bundesrepublik vier Milliarden Euro Schadensersatz für entgangene Gewinne durch die Energiewende zu bekommen.

Sigmar Gabriel am 25.09.2014 im Bundestag

Sigmar Gabriel am 25.09.2014 im Bundestag © Deutscher Bundestag

Sicherheit für Investoren auf der einen und die Angst vor nicht demokratisch legitimierten Privatgerichten auf der anderen Seite. Die Befürchtung: Staaten könnten aus Angst vor Klagen zum Beispiel vor strengeren Gesetzen im Umwelt- und Verbraucherschutz zurückschrecken.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte sich deutlich gegen ISDS ausgesprochen. In Brüssel kursierten allerdings Gerüchte, dass Deutschland im Zweifel doch einem Freihandelsabkommen mit ISDS zustimmen würde. Nach dem Parteikonvent vom Wochenende hat Gabriel nun im Bundestag noch einmal alle Unklarheiten beseitigt:

 

 

Bereits am 12. September habe die Bundesregierung der Kommission klar gemacht, dass sie CETA mit einem Investitionsschutzabkommen nicht zustimmen würde.

 

Gabriel ließ es sich in seiner Rede im Bundestag auch nicht nehmen, den scheidenden EU-Handelskommissar Karel De Gucht zu kritisieren, auch weil sich dieser gegen Nachverhandlungen bei CETA wehrt. De Gucht will am Freitag im kanadischen Ottawa den Abschluss der Verhandlungen verkünden. Deshalb setzt Gabriel seine Hoffnungen in die neue Kommission unter Jean-Claude Juncker.

 

 

Investorenschutz im TTIP-Mandat festgelegt

Das Verhandlungsmandat, dass der Kommission den Rahmen für ihre Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA vorgibt, beinhaltet bereits den Punkt Investorenschutz. Dort heißt es:

„Das Abkommen sollte einen wirksamen Mechanismus für die Beilegung

von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat vorsehen, der auf dem neuesten Stand ist

und Transparenz, Unabhängigkeit der Schiedsrichter und die Berechenbarkeit des

Abkommens gewährleistet […] Es sollte ein so breites Spektrum von Schiedsgremien für

Investoren vorgesehen werden, wie es derzeit im Rahmen der bilateralen

Investitionsabkommen der Mitgliedstaaten zur Verfügung steht.“

Der Mandatstext ist zwar geheim. Jedoch wurde er geleaked und kann hier eingesehen werden. Verabschiedet wurde der Text am 14. Juni vergangenen Jahres einstimmig im Europäischen Rat von den EU-Handelsministern. Mit am Tisch saß Philipp Rösler. Als Chef des damals FDP-geführten Bundeswirtschaftsministeriums vertrat er Deutschland. Die Investitionschutzabkommen, den Rösler damals zugestimmt hat, will sein Nachfolger Gabriel nun wieder verhindern.