Außenpolitik, Berlin, Bundesregierung, Bundestag, Bundesverfassungsgericht, Digitalpolitik, Rechtspolitik
Statement eines MdB beim NSA-Untersuchungsausschuss, umringt von Fernsehkameras und Hörfunkmikrofonen. Hier gibt es keine Antextbilder, doch auch die Wand hinter den Parlamentariern ist Teil einer Inszenierung. In der zweiten Reihe stehen die Zeitungskollegen. (c) Deutschlandradio Hauptstadtstudio/Falk Steiner
Statement eines MdB beim NSA-Untersuchungsausschuss, umringt von Fernsehkameras und Hörfunkmikrofonen. Hier gibt es keine Antextbilder, doch auch die Wand hinter den Parlamentariern ist Teil einer Inszenierung. In der zweiten Reihe stehen die Zeitungskollegen. (c) Deutschlandradio Hauptstadtstudio/Falk Steiner
26.09.2014

Snowden vor Gericht

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Edward Snowden hat den Nachrichtendiensten den größten Skandal der vergangenen Jahre beschert. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages hat ihn als Zeugen benannt. Doch Snowden will nicht in Moskau oder per Video aussagen – die Bundesregierung ihn nicht nach Deutschland reisen lassen. Nun wird die Opposition in Karlsruhe klagen.

Ohne ihn gäbe es den Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre nicht: Edward Joseph Snowden, 31 Jahre alt, Staatsbürger der Vereinigten Staaten von Amerika, derzeit wohnhaft in der Russischen Föderation. Sein Reisepass wurde von den USA für ungültig erklärt, ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft in den USA.

Der NSA-Untersuchungsausschuss hat Snowden formell als Zeuge benannt. Die Opposition möchte ihn in Berlin anhören, die unionsgeführte Bundesregierung möchte dies nicht und hat bislang alle konkreten Ladungsbeschlüsse dahingehend mit der Koalitionsmehrheit im Ausschuss abgeändert, dass Snowden doch bitte per Video oder in Moskau aussagen solle.

Die Bundesregierung lehnt eine Einreise Snowdens ab. Die Begründung lautet: aus außenpolitischen Gründen will man ihn nicht nach Deutschland lassen. Wie groß hier der Handlungsspielraum der Bundesregierung ist, mit dieser Begründung eine Einreise Snowdens abzulehnen, wird ein Punkt sein, der in Karlsruhe zu klären ist.

Dazu komme:

[dass] das US-amerikanische Ersuchen um vorläufige Festnahme von Herrn Snowden zum Zwecke seiner Auslieferung in die USA am 3. Juli 2013 auf dem diplomatischen Geschäftsweg eingegangen [ist]. Die Bewilligung dieses Ersuchens wird von der Bundesregierung gegenwärtig geprüft. Dazu sind ergänzende Fragen an das Department of Justice gerichtet worden. Eine Entscheidung, ob dieses Ersuchen der USA in Deutschland national umgesetzt wird, hat die Bundesregierung bislang nicht getroffen. Daher erfolgte auch keine Ausschreibung von Herrn Snowden durch das Bundeskriminalamt auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BKAG.

Auch in der Interpol-Fahndungsdatenbank finde sich bislang kein Snowden-Fahndungseintrag. So lange die Informationen aus den USA jedoch noch fehlen, so lange – sagt die Bundesregierung – möchte sie Snowden nicht einreisen lassen, weil sie nicht wisse, ob sie ihn dann ausliefern müsste. In der Hauptsache geht es juristisch hier also darum, ob Snowden in den USA politische Straftaten vorgeworfen werden. Was das genau ist, darüber streiten die Juristen, genau wie über die Frage, ob das eine Auslieferung verhindern würde – denn Geheimnisverrat ist auch in Deutschland strafbar.

Für die Opposition ist das alles nicht rechtens: Edward Snowden wurde mit dem allerersten Zeugen-Beschluss des NSA-Untersuchungsausschusses benannt, die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass er in Berlin aussagen könne. Ob sie darauf wirklich einen Rechtsanspruch hat, das wird nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen. Am Mittag stellt die Opposition aus Linken und Grünen ihre Klage im Organstreitverfahren vor. Ob diese Erfolg haben kann und wird, das ist das viel zitierte Merkelsche Neuland: vergleichbare Fälle gab es bislang am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht zu entscheiden.