Berlin, Brüssel, Bundesregierung, EU-Kommission
31.10.2014

Da isser ja – der Gesetzentwurf für die PKW-Maut ist da

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Es war mal wieder kurz vor knapp. Schon die Vorstellung seines Konzeptes für eine PKW-Maut hat Alexander Dobrindt bis zum letzten Moment gewartet. Es war versprochen, dass es der noch vor der Sommerpause des Bundestages in diesem Jahr kommen soll. Ähnliches jetzt auch wieder beim dem Konzept folgenden Gesetzentwurf. Bekannt war bislang nur: der soll noch im Oktober vorgelegt werden. Gestern war es nun so weit – zwei Tage vor Ablauf des Monats: Der Verkehrsminister konnte diese Worte sprechen

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, ich gebe heute den Gesetzentwurf zur Infrastrukturabgabe, zur sogenannten PKW-Maut, in die Ressortabstimmung.

 

 

In die Ressortabstimmung – das heißt, nun können sich die anderen Ministerien mit dem Gesetzentwurf, der auch unserem Hauptstadtstudio vorliegt, auseinandersetzen. Danach erst kann der Entwurf, dann mit eventuellen Änderungen vom Kabinett verabschiedet werden. Danach geht er in den Bundestag, von da in die Ausschüsse und dann nochmal zurück in den Bundestag zur endgültigen Abstimmung. Was aber plant Dobrindt nun konkret?

Wer muss die PKW-Maut für welche Straßen zahlen?

Die PKW-Maut gilt für ausländische Auto- und Wohnmobilfahrer nur auf Autobahnen. Wer also sein Auto nicht in Deutschland gemeldet hat und auf einer Land- oder Bundesstraße fährt, der zahlt keine Abgabe. Im Gesetzentwurf steht allerdings auch das Wörtchen „zunächst“. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass – zum Beispiel im Zuge der Ausweitung der LKW-Maut – auch für Bundesstraßen gezahlt werden muss.

Für diejenigen, die ihr Auto oder ihr Wohnmobil in Deutschland gemeldet haben, gilt die PKW-Maut auf Bundesstraßen und auf Autobahnen. Zahlen müssen deutsche Autofahrer die Maut jedoch unabhängig davon, welche Straßen sie tatsächlich benutzen. Alle bekommen eine Jahresvignette.

Der ursprüngliche Plan von Dobrindt sah vor, dass die PKW-Maut auf allen Straßen gelten soll. Das hatte ihm aber massiv Kritik eingebracht. Zum einen wollten die Länder dann auch etwas von den Einnahmen abbekommen. Zum anderen befürchteten einige, dass die Grenzregionen wirtschaftliche Schaden nehmen könnten, weil ausländische Autofahrer nicht mehr spontan nach Deutschland kämen, um dort einzukaufen. Dobrindt wurde diesbezüglich vor allem von der CDU unter Druck gesetzt; allen voran die beiden großen CDU-Landesverbände Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

 

Wieviel kostet die Vignette?

Das hängt vom Hubraum und der Schadstoffklasse des Autos ab. Je angefangenen 100 ccm Hubraum soll nach Plänen des Verkehrsministerium folgende Abgabe gezahlt werden:

 

  • Fahrzeuge mit einer Schadstoffklasse von Euro 3 oder schlechter: 6,50 € (Ottomotor) bzw. 9,50 € (Dieselmotor),
  • Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5: 2 € (Ottomotor) bzw. 5 € (Dieselmotor),
  • Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6: 1,80 € (Ottomotor) und 4,80 € (Dieselmotor)

 

Die Höchstgrenze sind 130 Euro. Die gilt auch für Wohnmobile. Jedoch wird die Maut rein nach Gewicht berechnet. 16 Euro müssen pro angefangenen 200 Kilogramm Gesamtgewicht bezahlt werden.

 

Wer sein Auto nicht in Deutschland angemeldet hat, der kann eine Jahresvignette, ebenfalls nach Hubraum und Schadstoffklasse kaufen. Alternativ gibt es eine zwei-Monats-Vignette für 22 Euro und eine zehn-Tages-Vignette für 10 Euro.

 

Wie wird die Vignette aussehen und wie bekomme ich sie?

Die Vignette wird im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen keine Papiervignette werden, sondern eine E-Vignette, die an das Kennzeichen gekoppelt ist. Es muss sich dann wohl niemand noch zusätzlich einen Aufkleber auf die Windschutzscheibe kleben. Das erklärte der Verkehrsminister auch bei seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf:

 

 

 

Den Bescheid, dass die Maut gezahlt wurde, soll jeder deutsche Autofahrer automatisch zugeschickt bekommen und sich damit um nichts kümmern müssen. Autofahrer aus dem Ausland können sich im Internet oder an Tankstellen einbuchen.

 

Daraus könnte sich auch erklären, warum die PKW-Maut für die Fahrer, die ihr Auto im Ausland gemeldet haben, die Maut vorerst nur auf Autobahnen gilt. Denn dort gibt es bereits Maut-Brücken für die LKW-Maut. Die Ausweitung auf alle Bundesstraßen soll erst 2018 erfolgen.

Datenschützer hatten bereits Bedenken angemeldet. Grünen-Parteichef Cem Özedmir sagte der rheinischen Post, es dürfe keinen „gläsernen Pkw-Fahrer“ geben. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, betonte ebenfalls in der Zeitung, sie werde mindestens die hohen datenschutzrechtlichen Standards der Lkw-Maut einfordern. Es gehe um sensible Daten von 40 Millionen Autofahrern, sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol  der dpa.  

Alexander Dobrindt sagte der Bild-Zeitung, in das Gesetz seien die härtestmöglichen Datenschutzregeln aufgenommen worden. Deshalb müsse kein Bürger die Sorge haben, dass irgendwo Profile gespeichert werden könnten. Zudem sagte er, er garantiere, dass eine Weitergabe an andere Behörden nicht stattfinde.

Tatsächlich könnte die PKW-Maut was den Datenschutz betrifft ähnlich funktionieren, wie die LKW-Maut. In dem uns vorliegenden Gesetzentwurf heißt es, das Bundesamt für Güterverkehr und der Betreiber der Maut-Systems dürften im Rahmen der Kontrolle unter ein Bild des Kraftfahrzeuges, Name und Anschrift des Kraftfahrzeughalters und das Kennzeichen speichern. Diese Daten seien aber unverzüglich zu löschen, sobald feststeht, dass jemand die Maut bezahlt hat. Zu den Daten, die von den Fahrzeughaltern vom Kraftfahrt-Bundesamt, das für die Erhebung der Infrastrukturabgabe zuständig ist, in einem zentralen Infrastrukturregister hinterlegt werden, heißt es in dem Gesetzentwurf:

Die Daten […] dürfen ausschließlich für die Zwecke dieses Gesetzes erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig.

 

Wieviel Geld bringt die PKW-Maut und wofür wird es verwendet?

Insgesamt soll die PKW-Maut 3,7 Milliarden Euro einbringen. Drei Milliarden kommen von deutschen Autofahrern. Die sollen nun auch direkt in den Verkehrsetat fließen. Allerdings sind das keine Zusatzeinnahmen, wie Dobrindt bei der Vorstellung des Entwurfes sagte:

 

Von den überbleibenden 700 Millionen Euro müssen noch die Systemkosten abgezogen werden. Laut Dobrindt belaufen sich die auf knapp 200 Millionen Euro. Zusätzlich sollen unterm Strich damit 500 Millionen Euro pro Jahr für die Infrastrukturfinanzierung überbleiben.

 

Kritiker bezweifeln diese Zahl und rechnen mit wesentlich höheren Systemkosten.

 

Ab wann soll die PKW-Maut gelten?

Bislang hat Dobrindt immer vom 1. Januar 2016 gesprochen. Der scheint nun vom Tisch. Zumindest spricht der Minister nicht mehr von einem konkreten Datum, sondern nur vom Jahr 2016.

 

Sind die Kriterien des Koalitionsvertrages erfüllt?

(c) Katharina Hamberger/Deutschlandradio

(c) Katharina Hamberger/Deutschlandradio

Der Koalitionsvertrag sieht bei der Maut zum einen vor, dass sie europarechtskonform sein muss, zum anderen darf kein deutscher Autofahrer zusätzlich belastet werden.

Letzteres ist nach dem jetztigen Entwurf von Dobrindt erfüllt. Denn gleichzeitig wird die KFZ-Steuer reformiert. Es wird eine Steuerentlastung geben. Diese Entlastung entspricht genau dem Betrag, den die PKW-Maut kosten wird. Damit zahlt voraussichtlich niemand mehr.

Ob die Maut mit dem EU-Recht vereinbar ist, wird sich noch rausstellen. Das Verkehrsministerium ist sich ziemlich sicher. Es hat ein Gutachten erstellen lassen, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Maut weder mittelbar noch unmittelbar EU-Ausländer diskriminiere. Zudem hat der scheidende EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, der jedoch nur noch heute im Amt ist, in einem Text geschrieben:

 

The ideas presented go in the right direction.

 

Die deutschen Ideen gehen aus seiner Sicht also in die richtige Richtung. Das ist aber noch kein Freifahrtschein von der EU-Kommission. Denn ab 1. November tritt eine neue Kommission an und die neue Verkehrskommissarin heißt dann Violeta Bulc. Entscheidend wird ihr Urteil sein. Bereits im Juli hatte das Wirtschaftsministerium eine Stellungnahme erstellt, die ebenfalls die EU-Rechts-Konformität der PKW-Maut bestätigte – allerdings unter der Voraussetzung, dass auch die Einnahmen der deutschen Autofahrer zweckgebunden zu Infrastrukturfinanzierung zur Verfügung stehen. Das ist nun ja offenbar der Fall. Dennoch ist das alles noch keine Garantie, dass Brüssel zustimmen wird. Zudem hat Österreich bereits angekündigt, klagen zu wollen.

 

Weiterführende Links:

Wer will, kann natürlich auch selber alles im Gesetzesentwurf nachlesen:
Gesetzesentwurf Infrastrukturabgabe/PKW-Maut

Gesetzesentwurf Infrastrukturabgabe/PKW-Maut

Alles was bisher in der PKW-Maut-Diskussion geschah und wie das Konzept aussah, gibt es hier nachzulesen

Der Kommentar im Deutschlandfunk von Stephan Detjen zum Gesetzentwurf ist hier nachzuhören und nachzulesen.

Kommentare zu diesem Beitrag (2)

  1. Europolitikus | 1. November 2014, 10:12 Uhr

    Kallas Meinung ist kein Pfifferling wert

    Zitat: „Ob die Maut mit dem EU-Recht vereinbar ist, wird sich noch rausstellen. Das Verkehrsministerium ist sich ziemlich sicher. Es hat ein Gutachten erstellen lassen, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Maut weder mittelbar noch unmittelbar EU-Ausländer diskriminiere. Zudem hat der scheidende EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, der jedoch nur noch heute im Amt ist, in einem Text geschrieben: – The ideas presented go in the right direction.“

    Das ist doch völlig unverbindlich, eine Phrase ohne jeden Wert.

    Als nicht-BRD-Binnenmarkt Bewohner kostet mich die Maut zusätzliches Geld. Anders Dobrindt und seine Teutonen, sie fahren auf unseren belgischen Autobahnen weiterhin gratis und verstopfen sie an jedem Sonnenwochenende in Richtung Küste und zurück.

    • Anonymous | 9. November 2014, 19:31 Uhr

      Deshalb wird Belgien auch eine Maut einführen. Wird doch teurer für uns Deutsche. Ich will diese Scheisse nicht. Ist nur Geldschneiderei. Danke CSU!