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Staats und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 18.12.2014 © European Union, 2014
Staats und Regierungschefs beim EU-Gipfel am 18.12.2014 © European Union, 2014
18.12.2014

Nadelstiche und Sanktionen

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Bei seiner Jahrespressekonferenz vor 1.200 Journalisten beklagte sich der russische Präsident Putin über die Nato-Osterweiterung und sprach vom Bau einer neuen Berliner Mauer. Gleichzeitig hat auch die EU noch einmal den Ton gegenüber Russland verschärft. Für die Krim werden neue Sanktionen erlassen, die EU  und Georgien nähern sich einander weiter an. Keine der beiden Seiten trägt so zu einer wirklichen Entspannung bei, findet Thomas Otto.

Neue Sanktionen für die Krim

Die Staats- und Regierungschefs haben sich heute auf neue Sanktionen für die von Russland annektierte Halbinsel Krim geeinigt. Ab Samstag sind für alle EU-Bürger und -Unternehmen jegliche Investitionen auf der Krim verboten. Des weiteren dürfen keine Waren exportiert und Dienstleistungen erbracht werden aus den Bereichen Energie, Öl- und Gasförderung, Transport und Telekommunikation. Ebenso dürfen Kreuzfahrtschiffe nur noch in Notfällen den Hafen Sewastopol anlaufen. Damit erhöht die EU zwar ihren Druck auf Russland, schadet aber vor allem den Menschen auf der Krim, denn die Insel ist wirtschaftlich vom Tourismus abhängig.

Assoziierungsabkommen mit Georgien

Gleichzeitig stimmte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit dem Assoziierungsabkommen mit Georgien zu. Damit baut die EU ihre Zusammenarbeit mit dem Kaukasusland aus. Schrittweise sollen Handelsschranken und Zölle abgebaut werden.

In dem Text wird auch betont, dass das georgische Hoheitsgebiet ebenfalls die umstrittenen Gebiete Abchasien und Südossetien umfasst. Beide Regionen sind aber praktisch unabhängig von Georgien. International werden sie nicht als Staaten anerkannt. Russland unterhält dort zahlreiche Militärbasen und hat mit Abchasien einen Vertrag über ein Bündnis und eine strategische Partnerschaft abgeschlossen. Das EU-Parlament hat diesen Vertrag verurteilt.

Ostukrainer verlieren

Keine der beiden Seiten kann im Moment von sich behaupten, auf eine Entspannung der Lage wirklich hinzuarbeiten. Auch wenn beide Seiten mit staatlicher Propaganda oder mit dem Verweis auf Demokratie, Selbstbestimmung und Völkerrecht zu überzeugen versuchen, auf Seiten der  „Guten“ zu stehen. Es geht nicht um Gut oder Böse. Vielmehr geht es der EU, wie auch Russland, um den Erhalt und die Ausdehnung der eigenen Machtsphäre. Sei es in der Ukraine, in Georgien oder Moldawien. Sei es politisch, militärisch oder nicht zuletzt wirtschaftlich. Völlig unabhängig davon, wer welche Separatisten oder Regierungen unterstützt, wer die Macht über welche Gebiete hat und wie „demokratisch“ das alles zustande gekommen ist: Die Leidtragenden in diesem Machtpoker sind die Menschen in der Ostukraine, die vertrieben wurden und Angehörige verloren haben. Daran ändern auch rhetorische Nadelstiche oder neue Sanktionen nichts.