Bundestag, Familienpolitik
Empfang der Familienministerin zum internationalen Frauentag (Foto: Katharina Hamberger)
08.03.2015

Warum es einen Frauentag braucht

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Heute ist internationaler Frauentag. Ein Tag, dem ich früher keine große Bedeutung beigemessen habe, ich hatte mich auch nie groß damit beschäftigt. Es mag daran liegen, dass ich in meiner Jugend und als junge Erwachsene selten an Grenzen gestoßen bin, weil ich eine Frau bin und auch mein Umfeld kein Problem mit Gleichberechtigung hat. Aber der Weltfrauentag war und ist wichtig und wird wichtig bleiben. Mein Vater hat einmal zu mir gesagt, wichtig wäre ihm, dass ich einen guten Beruf hätte, damit ich unabhängig von einem Mann bin. Ich bewunderte meine Großmutter dafür, dass sie sich mit 18 Jahren ihre langen Zöpfe abgeschnitten hat – gegen den Willen ihres Vaters, für den eine Frau lange Haare haben musste und der die Sorge hatte, dass sie so keinen Mann, keinen Versorger finden würde.  Etwas, von dem ich ausgegangen bin, dass es der Vergangenheit angehört. Aber je älter ich wurde, desto mehr habe ich mich mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft auseinandergesetzt, vor allem seit dem ich erste Erfahrungen im Berufsleben gemacht habe. Ich rede mit Kollegen und Freunden und merke, es gibt noch Grenzen für Frauen, die Männer nicht erfahren. Und zwar nicht, weil Frauen zu bestimmten Dingen nicht fähig wären, sondern weil eben dort noch Unterschiede gemacht werden, wo keine mehr sein sollten. Deshalb glaube ich, braucht es nach wie vor einen Frauentag.  Er  kann zum Anlass genommen werden, über Ursachen und Lösungen von Ungleichbehandlung von Frauen und Männern zu diskutieren. Am Freitag hat der Bundestag eine Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen. Das ist nur ein kleiner Schritt – es mag tatsächlich nur ein Quötchen sein, wie so mancher spottet oder bemängelt, je nachdem aus welcher Blickrichtung darauf geschaut wird. Aber ich finde es gut, dass dieses Gesetz nun beschlossen wurde. In einem Kommentar für das Deutschlandradio habe ich die Frauenquote mal mit Stützrädern verglichen, die es hoffentlich irgendwann nicht mehr braucht, weil es selbstverständlich ist, dass auch Frauen auf allen Ebenen mitbestimmen, weil Geschlecht in Bezug auf die Arbeit keine Rolle mehr spielt. Um dort hin zu kommen, kann die Quote hilfreich sein. Schon allein deshalb, weil sie  wichtiges Zeichen für Frauen sein kann, dass sich die Chance, für die die es wollen, deutlich erhöht hat, vorwärts zu kommen.

Die Frauenquote ist auch noch aus einem anderen Grund wichtig. Denn schon allein, dass über sie diskutiert bis gestritten wird, schafft Aufmerksamkeit für das Problem, dass es nach wie vor noch keine echte Gleichberechtigung gibt. Die Betonung liegt auf „noch“. Denn zum einen ist schon ein Teil des Weges geschafft. Ich habe schon andere Möglichkeiten als meine Mutter und noch viel mehr als meine Großmutter. Wenn ich mir meine Haare abschneide, dann haben meine Eltern keine Sorgen. Einen Versorger brauche ich nicht. Versorgen kann ich mich ganz gut selbst. Das können aber noch nicht alle Frauen sagen. Womit wir dabei sind, dass es eben zum anderen noch Ungleichheiten gibt, die nicht sein müssten. Ungleichheiten beseitigen, heißt für mich nicht, dass es keine Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern geben darf. Die gibt es nun mal. Unterschiedlich zu sein darf aber keine Ungleichbehandlung zur Folge haben. Menschen egal welchen Geschlechts müssen die selben Chancen haben. Auch gleiche Bezahlung für die vergleichbare Arbeit kann doch kein unlösbares Problem sein.

Es braucht deshalb weiter Kämpferinnen und Kämpfer, es braucht Feministinnen und Feministen, die Probleme benennen und die sich für Lösungen einsetzen, die aber auch einen gesellschaftlichen Diskurs anstoßen. Denn ohne den geht es nicht. Was nicht hilfreich ist, sind Debatten, die in schwarz-weiß Kategorien geführt werden. Wer gegen die Quote ist, ist nicht gleichzeitig zwingend gegen Gleichberechtigung. Wer lieber zu Hause bleibt und keine Führungsposition will, ist kein Heimchen am Herd. Wer aber als Frau nach oben will, ist nicht zwingend eine eiskalte Karrieristin. Männer, die gerne ihre Kinder versorgen oder deren Frau mehr verdient, sind keine Weicheier. Die Gleichstellung von Mann und Frau verlangt einiges von den Männern ab, aber auch von den Frauen. Sie dürfen keine Gräben aufmachen – nicht zwischen Feministinnen und denen, die keine sein wollen. Aber sie dürfen auch nicht in die Falle tappen, dass sie genau das tun, was sie an männlichem Verhalten kritisieren. Sie dürfen sich nicht als die besseren Menschen sehen, weil sie Frauen sind. Das passierte sogar jüngst Familienministerin Manuela Schwesig bei einer Rede zum Frauentag. Das ist schade, denn sie beweist Mut und zeigt Einsatz und nervt wenn es sein muss an der richtigen Stelle, damit in Sachen Gleichberechtigung etwas voran kommt. Frau sollte da drüber stehen und nicht sagen müssen „wenn ich ein Mann wäre, dann hätte ich…“. Insgesamt muss aber auch die Politik, um den gesellschaftlichen Wandel voran zu bringen, noch einiges tun – zum einen gibt es im gesetzgeberischen Bereich. Nehmen wir nur die Familienpolitik, die nicht das eindeutige Signal ausstrahlt: Familie ist wichtig, egal wie sie aussieht und jede kann ihr Zusammenleben so gestalten, wie sie möchte. Im Moment werden bestimmte Formen bevorzugt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach wie vor nicht leicht, Alleinerziehende haben oft Nachteile. Aber es geht auch darum, dass Strukturen aufgebrochen werden, dass die Politik vorangeht, wenn es um Frauen in den eigenen Reihen geht. Denn wir haben zwar eine Kanzlerin und auch die ein oder andere Frau in Spitzenpositionen, aber  politischer Nachwuchs ist noch nicht männlich und weiblich in gleichen Teilen. Es ist noch ein langes Stück des Weges zu gehen, bis es keine Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern gibt. Aber ich bin optimistisch.