Bundesregierung, Medien, Parteien
Maut / Foto: Jens Bittner/picture-alliance
23.03.2015

Die Mautreporterin

Von

Es dürfte ungefähr ein Jahr her sein, dass ich hier im Hauptstadtstudio die Verkehrspolitik als Themenbereich übernommen habe. Schrieb ich Verkehrspolitik? Ich meinte natürlich die PKW-Maut. Denn damit habe ich mich hauptsächlich in diesem Jahr beschäftigt – und mich oft genug geärgert.

Das CSU-Projekt, das eine Wandlung von der „Ausländermaut“, über die „PKW-Maut“ hin zur „Infrastrukturabgabe“ oder „Straßennutzungsgebühr für Kfz-Halter“ durchgemacht hat, befindet sich im parlamentarischen Prozess, auf der Zielgeraden. Wenn alles so kommt, wie es der Verkehrsminister gerne hätte, dann beschließt der Bundestag am 26. März, dem kommenden Donnerstag, die beiden zur PKW-Maut gehörenden Gesetze. Nach mehr als einem Jahr Debatte, in dem mir klar wurde: Das Aufregungspotenzial dieses Projektes hat dazu geführt, dass auch so mancher Journalist übers Ziel hinausschoss.

Die PKW-Maut ist von der CSU in den Koalitionsvertrag mit allen Mitteln hineinverhandelt worden. Horst Seehofer hat sie zur Koalitionsfrage gemacht. Und sie so auszuarbeiten, dass sie den Koalitionsvertrag erfüllt, wurde von vielen in Politik und Medien als ein Ding der Unmöglichkeit gesehen. Das Wort der Quadratur des Kreises machte die Runde. Klar, dass Journalisten und Öffentlichkeit genau hinschauen. Aber oftmals wurde (und ich sage ausdrücklich: nicht von allen) mit einer solchen Aufregung berichtet, die der Maut mehr Aufmerksamkeit verschafft hat, als sie verdient hat. Vor allem wir Journalisten scheinen eine solche Lust am Scheitern des Projektes entwickelt zu haben, dass jede einzelne neue Maut-News sofort nur mit der einen Frage verbunden wurde: Ist das nun der Todesstoß?

Gegner und Befürworter wafen mit Papieren und Gutachten nur so um sich. Jeder will einen Punkt machen.  Die Papiere aus dem Ministerium wurden – so wie es sein soll – von vielen Journalisten kritisch geprüft. Doch das ist nicht mit allen Papieren passiert. Wenn ein Papier, ein Gutachten, eine Studie auftauchte, die gegen das Vorhaben der CSU sprach, wurde das oft sofort lanciert. Da wurden zum Beispiel Berechnungen und Schätzungen zu Tatsachen gemacht, anstatt sie zu überprüfen und einzuordnen – als eben eine der vielen Studien oder Gutachten, die es schon auf dem Markt gibt, die zu ähnlichen Ergebnissen kommen, die sich aber nicht zu hundert Prozent falsifizieren oder verifizieren lassen. Denn in jedem Fall sind es Gutachten über die  stets etwas schwerer vorherzusagende Zukunft. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes wurde lange als Argument gegen die PKW-Maut angeführt, obwohl es  fehlerhaft war. Das finde ich ärgerlich, weil es die Debatte verzerrt. Ich finde die PKW-Maut in der Form, wie sie die CSU möchte, nicht sinnvoll. Und der Grund, den sie im Wahlkampf dafür angegeben hat, nämlich, dass die Ausländer doch auch zahlen sollen, das sei doch nur gerecht, ist höchst populistisch und wahrheitsverzerrend (die Österreicher zahlen schließlich im eigenen Land und lassen eben nicht die deutschen Autofahrer ganz alleine die Straßen finanzieren). Nur: wenn ich sie kritisiere, dann will ich das mit belastbaren Argumenten tun. Und die gibt es.

Doch zugleich ist die Jagd nach den schnellsten, den exklusivsten Meldungen ist immer wichtiger geworden. Das liegt auch am Internet: Nachrichten verbreiten sich schneller, Langsamkeit können sich „tagesaktuelle“ Medien kaum noch leisten. Das aber erhöht den Druck – und die Fehler- und Irrelevanz-Anfälligkeit. Wer ist der schnellste, der exklusivste, der mit dem knackigsten Zitat? Gelten wir als behäbig, nicht am Geschehen dran und eigentlich schon an der Grenze des Verschwindens, wenn wir nicht die Ersten sind? Davon hat kein Hörer, Leser und Zuschauer etwas. Ich sitze selbst manchmal vor einem Papier, und ich weiß, auch andere Medien haben es, die nächste Sendung steht kurz bevor. Warte ich noch zwei Stunden, recherchiere und zitiere dann, falls das Thema relevant ist, die anderen und erzähle sozusagen alles einmal nach? Oder berichte ich gleich darüber, mit allem gebotenem Konjunktiv? Nicht immer eine leichte Entscheidung.

Dieses Wettrennen um Exklusivität und die neueste PKW-Maut-Zerstörungs-Meldung bringt mit sich, dass zum einen die PKW-Maut zum Publicity-Garant für die CSU wird. Und manchmal überstrahlt sie sogar Themen, die wesentlich relevanter wären – vielleicht weil es sich darüber besser aufregen lässt, weil sie einfacher zu erklären ist, also so manches komplexe, zum Beispiel außenpolitische Thema. Zum anderen verhindert die Debatte um die CSU-Idee eine, die es im Kern bräuchte. Unsere Infrastruktur ist wichtig, es braucht Geld und eine vernünftige Planung, um die Verkehrswege auch in Zukunft zu erhalten. Deshalb sollte mehr darüber gesprochen werden, was eine Alternative zum PKW-Maut-Konzept des Verkehrsministers sein könnte.

Kommentare zu diesem Beitrag (2)

  1. Peter C | 12. Mai 2015, 8:50 Uhr

    Deutsche im Ausland

    Mich verwundert immer der haeufig zu findende Hinweise, dass Auslaender zahlen sollen.
    Ich bin nach als deutscher Bundesbuerger nach DK umgezogen und beziehe eine Rente aus Deutschland. Also: Deutscher Pass, deutscher Steuerzahler.
    Muss ich dann ueberhaupt Maut zahlen? Und wenn ja, wie bekomme ich den Ausgleich ohne in D Kfz-Steuer zu zahlen?

    • Katharina Hamberger | 12. Mai 2015, 12:55 Uhr

      Sehr geehrter Peter C,
      die Frage ist recht einfach zu beantworten. Wenn die PKW-Maut so kommt, wie es das Gesetz, das jüngst nun auch den Bundesrat passiert hat, vorsieht, dann gilt die Maut zunächst für alle. Wenn Sie Ihr Auto in Deutschland zugelassen haben, bekommen Sie automatisch eine Jahresvignette (die elektronisch sein wird, sprich, ihr Kennzeichen wird, vereinfacht gesagt, mit dem Vermerk „bezahlt“ registriert) und Ihnen wird die KFZ-Steuer um den entsprechenden Betrag erlassen (das Finanzministerium spricht von einem Freibetrag). Das ist unabhängig davon, welchen Pass Sie besitzen, sondern eben nur davon, ob Sie in Deutschland auch die KFZ-Steuer zahlen.
      Haben Sie Ihr Auto in Dänemark zugelassen, dann müssen Sie PKW-Maut zahlen, wenn Sie in Deutschland eine Autobahn benutzen (diejenigen, die ihr Auto in Deutschland zugelassen haben, zahlen laut Gesetz auch auf Bundesstraßen). Dabei können Sie dann wählen, ob Sie eine zehn-Tages, eine zwei-Monats oder eine Jahresvignette kaufen. Erlassen wird Ihnen davon nichts, denn es geht genau genommen eben nicht um deutsche Autofahrer, sondern um „Halter von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw“, wie es unter anderem im Gesetzentwurf formuliert wird. Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen. Mit besten Grüßen, Katharina Hamberger