Berlin, Brüssel, Verteidigungspolitik
Griechische Soldaten: „Wir sind das einzige stabile Land in einer sehr instabilen Region.“ Quelle: army.gr
Griechische Soldaten: „Wir sind das einzige stabile Land in einer sehr instabilen Region.“ Quelle: army.gr
25.06.2015

Die fetten Jahre sind vorbei

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Von Griechenlands riesiger Armee konnten deutsche Rüstungsunternehmen jahrelang gut leben. Bei einigen Milliardendeals halfen sie mit Schmiergeld nach. Jetzt soll Griechenland seinen Verteidigungshaushalt weiter kürzen. Für Deutschlands Waffenbauer bedeutet das: Die Party ist vorbei. 

Für deutsche Rüstungsmanager war Griechenland jahrzehntelang eine absolute Traumdestination. Das lag weniger an schönen Stränden und gutem Wein. Griechenland betrieb, gemessen an seiner recht kleinen Bevölkerungszahl, eine riesige Armee. 2008, vor der Finanzkrise, leistete sich Griechenland einen Rüstungsetat, der fast fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachte. Innerhalb der EU war das der Spitzenrang. Zum Vergleich: Deutschland kommt aktuell auf etwas über einen Prozent. 

Griechische Armee bei einer Übung: Panzer "made in Germany" Foto: army.gr.

Griechische Armee bei einer Übung: Panzer „made in Germany“ Quelle: army.gr.

 

Mehr „Leo“-Panzer als die Bundeswehr

Wer sehen will, warum die Rüstungsmanager aus Deutschland so glücklich waren, der kann sich dieses Video einer Parade der griechischen Armee vom März dieses Jahres anschauen. Dort rollt gerade ein  „Leopard 2“ durch Athen. Ein Panzer „made in Germany“. Die Kollegen der „Welt“ haben sich die griechische Armee einmal genauer angeschaut. Sie kommt auf stolze 353 Leopard 2-Kampfpanzer, mehr als die deutsche Bundeswehr.

Die Größe der griechischen Armee habe ihre Gründe, sagt eine Sprecherin der griechischen Botschaft in Berlin. „Wir haben aggressive Nachbarn.“ Jeden Tag drängen türkische Kampfflugzeuge in den griechischen Luftraum ein. Außerdem müsse man die Südhälfte Zyperns noch immer schützen. Und schließlich verteidige man eine Nato-Außengrenze. „Wir sind das einzige stabile Land in einer sehr instabilen Region.“

Von den regionalen Besonderheiten profitierte jahrelang die deutsche Rüstungsindustrie. Rund zehn Prozent der  deutschen Rüstungsexporte gingen nach Griechenland. Anfang der 2000er-Jahre zum Beispiel bestellte die griechische Armee rund 150 weitere Leopard 2-Panzer. Paketpreis: 1,7 Milliarden Euro. Diese Zahl hat es in sich. Zum Vergleich: Bis Ende Juni muss Griechenland 1,6 Milliarden an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen, sonst droht die Pleite.

Bei diesem Vergleich stellt sich eine Frage: Haben die deutschen Rüstungsexporte die griechische Schuldenmisere befeuert und beschleunigt?

Rüstungsexportbericht: Keine Kriegswaffen mehr an Griechenland

Beim intensiven Verhältnis zwischen der deutschen Rüstungsindustrie und der griechischen Armee wurde jedenfalls manchmal etwas nachgeholfen. Mit Schmiergeld. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung flossen beim Leopard-2-Deal Schmiergeld-Millionen vom deutschen Konzern Rheinmetall. In Griechenland laufen Verfahren wegen weiterer möglicher Skandale.

 

Leopard 2-Panzer bei einer Übung in Griechenland. Quelle: army.gr

Leopard 2-Panzer bei einer Übung in Griechenland. Quelle: army.gr

 

Es stimmt schon: Im Vergleich zu Deutschland hat Griechenland, gemessen an der Einwohnerzahl, noch immer eine große Armee. Dennoch hat die griechische Regierung den Militäretat kräftig gekürzt. Von 5 auf nun 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Für die deutsche Rüstungsbranche hat das Folgen. Im gerade erschienenen Rüstungsexportbericht der Bundesregierung wird Griechenland bei den sogenannten Kriegswaffenausfuhren für das Jahr 2014 gar nicht erst aufgeführt.

Die EU-Finanzminister und die Europäische Zentralbank fordern nun während der zähen Verhandlungen in Athen: Die Armee muss weiter sparen. Im Gespräch sind 200-400 Millionen Euro pro Jahr. Im Vergleich zu den Milliardendeals in der Vergangenheit sind das Peanuts. In Athen herrscht in Militärkreisen jedoch helle Aufregung. Falls man weitere Berufssoldaten durch Wehrpflichtige ersetze, dann verliere man die Handlungsfähigkeit. Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums sagt: „Dann können wir unseren Wehrpflichtigen keine Schuhe mehr kaufen.“

Ob dieses Szenario realistisch ist, das konnte der Autor von Berlin aus nicht überprüfen. Sicher ist: Für U-Boote, Panzer und Kampfflugzeuge aus Deutschland wird das Geld eher nicht reichen.