Berlin
Die Rebellen Mark Helfrich, Detlef Seif, Cajus Caesar und Sylvia Pantel (v.l.o.n.r.u.) © Deutscher Bundestag/Achim Melde
Die Rebellen Mark Helfrich, Detlef Seif, Cajus Caesar und Sylvia Pantel (v.l.o.n.r.u.) © Deutscher Bundestag/Achim Melde
16.07.2015

„Ich habe kein Vertrauen mehr.“

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Neue Verhandlungen mit Griechenland? Einige Bundestagsabgeordnete der Union lehnen das ab. Obwohl die Kanzlerin an ihre Kompromissbereitschaft appelliert. Wir haben uns bei rund 100 Wackelkandidaten von CDU und CSU umgehört, wie sie abstimmen wollen. Auffällig: Wer bereits jetzt offen rebelliert, wurde meist direkt gewählt und nicht über eine Landesliste. 

Februar 2015. Der Bundestag stimmt über die Verlängerung des zweiten Griechenland-Programmes ab. Auf den ersten Blick scheinen die Reihen der Union recht geschlossen. Von 311 Abgeordneten von CDU und CSU stimmen nur 29 mit „Nein“ und damit gegen eine Verlängerung. 

Doch schon damals rumorte es in der Union gewaltig. Das zeigt ein Blick in das Protokoll der Bundestagssitzung vom 27. Februar 2015. Über 100 Abgeordnete der Union stimmten damals zwar mit „Ja“. Sie gaben jedoch große Bedenken zu Protokoll. So schrieb Jan Metzler (CDU):

„Ich stimme dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen zu. Ich stelle aber mit dem größten Nachdruck fest, dass ein für mich maximal vertretbares Maß an Solidarität mit Griechenland erreicht wurde, welches ein weiteres Zugehen für mich nicht vertretbar macht.“

Wie werden sich diese rund 100 Bundestagsabgeordneten bei der Abstimmung am Freitag entscheiden? Werden sie mit „Ja“ stimmen, mit „Nein“ oder sind sie noch unentschieden? Das haben wir alle dieser Politiker per E-Mail gefragt.

Fraktionsspitze: „Äußert Euch nicht öffentlich!“

Von 52 erhielten wir eine Antwort, binnen weniger Stunden. Keiner der Abgeordneten schreibt: „Ich werde neuen Verhandlungen mit Griechenland zustimmen“. Für die Fraktionsführung bedeutet das eine gewisse Unsicherheit. 48 Abgeordnete schreiben:“ Ich habe mich noch nicht entschieden, ich will die Erläuterungen der Kanzlerin am Donnerstagabend abwarten“.

Die Zurückhaltung könnte jedoch einen weiteren Grund haben: Nach Aussage eines Mitarbeiters eines Abgeordneten hatte die Fraktionsführung der Union im Vorfeld der Abstimmung gefordert: Äußert Euch nicht öffentlich! Haltet Euch zurück!

Vier Abgeordnete, die noch im Februar mit „Ja“ gestimmt hatten,  legen sich fest. Sie wollen diesmal mit „Nein“ stimmen und damit gegen die Aufnahme von neuen Verhandlungen mit Griechenland.

Die „neuen Rebellen“ wurden meistens direkt gewählt

Mark Helfrich zum Beispiel, CDU-Abgeordneter aus Schleswig-Holstein, 36, es ist seine erste Legislaturperiode. „Ich habe einfach kein Vertrauen mehr in die griechische Regierung“ sagt Helfrich. Und, dass er ein Stück Erleichterung empfinde, dass seine Entscheidung nun feststehe.

Oder Detlef Seif, ebenfalls CDU, aus Euskirchen. „Wenn das Finanzministerium uns im Bundestag vorlegt, was in Griechenland im Parlament verabschiedet wurde, dann stimme ich mit „Nein““, lässt er ausrichten.

Cajus Caesar (CDU, Detmold) schreibt: „Aufgrund der mir momentan zur Verfügung stehenden Informationen kann ich weiteren Milliarden für Griechenland nicht zustimmen.“

Sylvia Pantel (CDU, Düsseldorf): „Stand heute werde ich gegen ein Verhandlungsmandat stimmen. Ich will aber darauf hinweisen, dass das Festhalten von Vereinbarungen und geschlossenen Verträgen eine durchweg pro-europäische Haltung ist.“

Auffällig: Drei der vier „neuen Rebellen“ wurden direkt gewählt. Sie wurden nicht über eine sogenannte Landesliste (Zweitstimme) gewählt. Damit sind sie weniger abhängig von ihren Landesgruppen und Landesverbänden. Diese entscheiden über aussichtsreiche Plätze auf der Landesliste. Dieser Umstand kann zur Offenheit der Abgeordneten geführt haben.