Berlin, Bundesregierung, Bundestag, Medien
David Cameron zu Besuch bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel © European Union, 2015
David Cameron zu Besuch bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel © European Union, 2015
17.02.2016

Brexit? Welcher Brexit?

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In diesem Blog versuchen wir unter anderem, inhaltlich eine Brücke zwischen der Berichterstattung in Berlin und Brüssel zu schlagen. Doch manches Mal ist das, was den einen politischen Standort maßgeblich umtreibt im anderen nahezu unsichtbar.

In Deutschland wird viel diskutiert über die EU und ihre Zukunft in diesen Tagen. Was wird aus dem Weimarer Dreieck nach dem Regierungswechsel in Polen? Wie verhalten sich die Visegrad-Staaten in der Flüchtlingspolitik? Funktioniert der Motor Berlin-Paris wirklich noch – oder stottert er? Wie geht es mit Griechenland, mit den skandinavischen Staaten und Schengen weiter? Ist die Dublin III-Verordnung nur vorübergehend das Papier nicht mehr wert, auf dem sie steht? Nur ein Thema spielt in der Debatte hier kaum eine Rolle: der Brexit, der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU.

Tapfer, Lionheart-like und doch fast schon allein fragen Korrespondenten englischsprachiger Medien in den Regierungspressekonferenzen nach, wie sich denn die Bundesregierung zu den Vorschlägen des Präsidenten des Europäischen Rates Donald Tusk verhält. Ein, zwei Fragen – die Bundesregierung will die Vorschläge erst bewerten, wenn sie beschlossen sind. Großbritannien wolle man in der EU halten. Und schwupps, sind wir in Berlin wieder bei Flüchtlingen, bei Syrien, bei Seehofern, Abgasskandalen, dem Zustand der Banken. Großbritannien ist aus Berliner Sicht derzeit fast schon ein Nichtthema. Hinter den Kulissen, das wird in Gesprächen immer wieder deutlich, gibt es deutlich mehr Aktivität. Aber in der Öffentlichkeit, in der öffentlichen Politik und dem medialen Diskurs? Derzeit ist hier noch keine größere Diskussion in Sicht.

Ganz anders sieht es in Brüssel aus. Auf EU-Ebene ist das Interesse am Thema Brexit und dem Kompromisspaket, mit dem die Staaten David Cameron entgegenkommen wollen, riesengroß. Nicht nur die britischen Kollegen von Financial Times und Telegraph erfreuen/quälen die Sprecher der EU-Kommission mit immer neuen Fragen. Neben der omnipräsenten Flüchtlingsproblematik gibt es in Brüssel gerade kein prominenteres Thema, als einen möglichen Brexit. Die Diskrepanz in der Wahrnehmung wurde von Seiten der Bundesregierung beim Briefing zum Februar-Gipfel auf den Punkt gebracht, als ein Sprecher zur Berliner Hauptstadtpresse gewandt feststellte: „Ich glaube, Sie unterschätzen die Bedeutung“.