Berlin, Der aktuelle Ton, Wahlen und Wahlkampf
Stefan Maas an seinem Arbeitsplatz im HSS / Foto: Ansgar Rossi Deutschlandradio
14.03.2016

Die AfD, Frauke Petry und die Demokratie

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Der gestrige Tag war ein guter Tag für die Demokratie – hat Frauke Petry heute erklärt. Und sie hat Recht – immerhin haben in allen drei Ländern weit mehr Wähler ihre Stimme abgegeben als bei den vergangenen Landtagswahlen. Dass  dabei ein nicht unwesentlicher Teil der Wählerinnen und Wähler den anderen Parteien bescheinigt hat, dass sie mit deren Politik nicht mehr einverstanden sind, ist zwar bitter, bietet aber auch eine Chance. Nicht erst jetzt sollte allen Parteien klar sein, sie müssen sich selbst prüfen. Doch hier ist Vorsicht geboten. Bei den Konsequenzen, die sie aus einer solchen Prüfung ziehen, dürfen sie der AfD nicht auf den Leim gehen. Der stellvertretende Parteivorsitzende Alexander Gauland hat heute erklärt, seine Partei solle sich auf lange Sicht in der Opposition einrichten. Von dort aus könne die Partei das Land verändern. Das ist geschickt und nicht unmöglich, denn in der Opposition kann man reine Lehre fordern, statt sich in einer Regierung im Kleinklein der Kompromisse zu zermürben. Und die anderen Parteien, die Angst im Nacken, noch mehr Wähler an die AfD zu verlieren, ziehen langsam – oder auch ruckartig – nach rechts.  Damit ein solcher gesellschaftlicher Rechtsruck nicht sofort auffällt, ist die Spitzenriege der Alternative für Deutschland schon länger dabei, den Begriff der gesellschaftlichen Mitte kräftig auszuleiern. Die anderen sind links, wo wir sind, ist die Mitte. So oder so ähnlich klingt das Mantra, das Petry und ihre Mitstreiter gebetsmühlenartig wiederholen. So kann man auch Forderungen, die der Begriff konservativ längst nicht mehr abdeckt, hübsch verpackt von rechts immer weiter in die Mitte schieben. Und die anderen Parteien, aus Angst, die Wähler in der Mitte nicht mehr zu erreichen, greifen dankbar zu. Das ist gefährlich. Sie müssen sie sich an den Gedanken gewöhnen, dass sie einen Teil der Wähler nicht mehr erreichen. Sie dürfen nicht, weil sie diesem Teil nachjagen, den Rest aus dem Blick verlieren.

Zu mehr Ehrlichkeit auf dem politischen Spielfeld gehört aber auch, dass die AfD endlich ihr Parteiprogramm beschließt, damit jeder Schwarz auf Weiß lesen kann, wofür die Alternative für Deutschland nun wirklich steht. Und wie weit nach rechts ihre Mitte reicht. Dem Spitzenpersonal mögen die immergleichen Fragen nach dem Rechtsruck der Partei oder nach dem thüringischen Landeschef Björn Höcke lästig werden, aber die Führenden müssen sich stellen, solange die Partei dazu nicht klar Position bezogen hat. Es ist nicht hinnehmbar, immer wieder in Gesprächen über Ausrutscher einzelner Personen zu stöhnen, oder die Bedeutung einzelner Landesverbände herunterzuspielen, weil sie klein sind – Thüringen etwa oder auch Sachsen-Anhalt – aber nichts zu unternehmen weil man bei Wahlen auf den rechten Rand schielt. Die Partei ist hier nicht ehrlich. Entweder nicht mit sich selbst – oder mit einem Teil ihrer Wähler. Das ist nicht gut für die Demokratie.

 

(ar)

 

Kommentare zu diesem Beitrag (1)

  1. Bernd Derksen | 15. März 2016, 22:41 Uhr

    Unehrlichkeit als politische "Grundlage"

    >Die Partei ist hier nicht ehrlich. Entweder nicht mit sich selbst – oder mit einem Teil ihrer Wähler. >

    Ich will in dem von Ihnen genannten Punkt gar nicht komplett widersprechen.

    Aber:
    Sie halten tatsächlich die anderen Parteien grundsätzlich für glaubwürdiger bzw. ehrlicher, Herr Maas?
    Woran machen Sie dies fest?

    Nennen Sie mich gerne pessimistisch. Aber nach meinen Eindrücken ist eine gewisse Unehrlichkeit (bzw. Flexibilität beim Auslegen der Wahrheit 😉 ) Voraussetzung vielen „erfolgreichen“ politischen Agierens.

    Da ließen sich auch bei den im Verwaltungs- und Hörfunkrat des Deutschlandradios vertretenen und wirkenden Parteien unzählige Beispiele finden.

    Dass diese teilweise Unehrlichkeit im Grunde nicht gut für die Demokratie ist, sehe ich ebenso. Aber den Leuten das zu sagen, was sie hören „wollen“, scheint ein leider oftmals unverzichtbarer „Wert“ im demokratischen Wettstreit.

    Wer zu ehrlich ist, hat’s schwer. Und wird in aller Regel nicht in bestimmte Positionen gelangen.

    Alles andere scheint mir politisch naiv.
    Auch wenn ich hoffe, dass die Realität netter ist, als sie mir scheint …