Berlin, Bundesregierung, Kommentare, Parteien
Theo Geers im Studio des HSS / Foto: Ansgar Rossi
16.03.2016

Merkels Watsche für die CSU

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Angela Merkels Auftritt heute im Bundestag war schon ein starkes Stück. Nicht weil sie  einen Tag vor dem nächsten EU-Gipfel irgendwelche neuen kreativen Ansätze bei der Lösung des Flüchtlingsproblems aufgezeigt hätte, sondern weil die Kanzlerin drei Tage nach dem politischen Beben, das die Wahlerfolge der AfD ausgelöst haben, eben diese AfD mit keiner Silbe erwähnte. Was wie politischer Autismus wirkt, insbesondere im Vergleich mit dem aufgeregten Flügelschlagen in der CSU – ist allerdings  eher Zeichen einer besonderen Gabe Merkels: Hat sie einen  Lösungsweg einmal als richtig erkannt, blendet sie fast alles um sich herum aus und lässt sich in der Verfolgung ihrs Ziels von nichts und niemandem irritieren oder gar abbringen. Ihre Regierungserklärung im Bundestag war damit vor allem eins: Sie war eine Watsche für die Schwesterpartei CSU und für Horst Seehofer. Egal wie viele Gespräche und Telefonate beide auch führen, egal wie viele Querschüsse – und es sind Querschüsse –  noch aus Bayern kommen: Erkennbaren Einfluss auf Merkels Handeln in der Flüchtlingskrise hat das alles nicht. Das ist die Konsequenz, die die Kanzlerin,  die eben auch CDU-Vorsitzende ist, aus dem teilweisen Debakel auch ihrer Partei zieht. Wackler wie bei anderen – man denke nur an Julia Klöckner, die sich so gern als beste Freundin Merkels darstellte und in der Flüchtlingspolitik dann doch nicht an Merkels Seite stand – so etwas gibt es bei der Kanzlerin nicht. Und ein Umschwenken, so wie es aus Bayern verlangt wird, erst recht nicht. Das ist einerseits richtig. Denn weil Merkels Flüchtlingspolitik unionsintern strittig ist, fährt sie auch so schon geschwächt nach Brüssel. Da muss sie diejenigen, die daheim an ihrem Weg zweifeln und damit auf europäischer Bühne schwächen, nicht auch noch aufwerten. Schon heute kann jeder, der ihr in der EU nicht oder noch nicht folgen will, auf Seehofer und die CSU verweisen. Andererseits lehrt alle Erfahrung aus Brüsseler Verhandlungen auch: Nur mit Appellen an die Vernunft, an europäische Werte oder die europäische Solidarität kommt man nicht weit. Ohne eine nationale Drohkulisse im Rücken fehlt ein wichtiges Druckmittel. Die Wahlerfolge der AfD und der Hinweis darauf, dass auch in Deutschland der Druck im Kessel spürbar steigt, könnten Merkel auch in Brüssel helfen. Denn mit dem gleichen Argument, sprich dem Verweis auf den  Front National, auf Geert Wilders in den Niederlanden und all die anderen Nationalisten und Populisten verweigern auch Frankreich und die andern EU-Partner den eigentlich nötigen höheren Solidarbeitrag in der Flüchtlingskrise. Warum Merkel deshalb die Wahlerfolge der AfD nicht aufgreift, sie ummünzt und den widerspenstigen EU-Partnern als Menetekel an die Wand malt, wenn eine europäische Gesamtlösung weiter auf sich warten lässt, bleibt deshalb schleierhaft.

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