Außenpolitik, Berlin, Bundesregierung, Innenpolitik, Kommentare
Katharina Hamberger im HSS / Foto: Ansgar Rossi
07.04.2016

Schengen ist noch nicht gerettet

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Ein Kommentar

vom Deutschlandfunk

 

Ab dem 12. Mai sollen die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland wieder aufgehoben werden. Das klingt, als wäre das ein Schritt zurück in ein offenes, ein grenzenloses Europa. Die Freizügigkeit innerhalb des Schengenraums, ist eine der großen Errungenschaften, die Europa noch näher zusammen gebracht hat, die ein Wirtschaftsmotor ist. Auch für Deutschland. Das war in dem halben Jahr, in dem es Grenzkontrollen gab, bereits zu spüren.

Aber leider kann man hier nur sagen: Schön wär‘s, wenn das ein Signal pro Schengen wäre. Das ist es aber nicht. Denn die Entscheidung ist geprägt von einer Halbherzigkeit eines Ministers, der damit das Signal aussenden will, dass weniger Flüchtlinge kommen und das Abkommen mit der Türkei wirkt. Das klingt gut. Aber gleichzeitig lässt er durchblicken, dass es offenbar an der nachhaltigen Idee in der Flüchtlingspolitik für Europa fehlt, die eine offene Union ermöglichen würde.

Es ist zumindest schon mal gut, dass de Maiziere nicht wie die CSU einfach von vornherein einen nahtlosen Übergang in weitere Grenzkontrollen fordert. Das würde auch weitergehende Schritte auf EU-Ebene voraussetzen. Denn nur ein halbes Jahr kann ein Land die Kontrollen durchführen, ohne das mit anderen abzustimmen. Danach nochmal die Kontrollen um maximal zwei Jahre zu verlängern, ist nur dann möglich, wenn die EU-Kommission zu dem Schluss kommen würde, dass die Kontrolle der Außengrenze der EU massive Mängel hat. Dann kann sie einen Mechanismus auslösen nachdem der europäische Rat weiteren Grenzkontrollen zustimmen müsste. Aber wenn man das will, ohne die aktuelle Situation nochmal genauer zu analysieren, dann könnte man das Schengen-Abkommen auch gleich aufheben. Eine Katastrophe für Europa.

Die Halbherzigkeit des Ministers zeigt sich schon allein in seinen Relativierungen. Noch vor dem 12. Mai könnte alles wieder zurückgezogen werden, wenn die Flüchtlingszahlen steigen. Und auch de Maiziere weiß: Wenn an der einen Stelle, wie eventuell zwischen Deutschland und Österreich die Grenze aufgeht, geht sie an einer anderen Stelle zu. Auf wirklichen Widerstand stößt das nicht mehr. Man muss nur ins Nachbarland Österreich schauen. Dort gibt es den Zaun in Spielfeld und den Plan, auch am Brenner scharfe Grenzkontrollen einzuführen. Der deutsche Innenminister lehnt das nicht komplett ab, sondern will es von der Entwicklung der Flüchtlingszahlen abhängig machen. Seitdem die Balkanroute geschlossen ist, nehmen viele Flüchtlinge,  ausgenommen Syrer, die gar nicht erst bis an die nordafrikanische Küste kommen, den gefährlichen Weg über die Adria wieder auf sich. 16.000 schon allein in diesem Jahr. Wenn Österreich diese nicht durchlässt, kann in Deutschland weiter auf Grenzkontrollen verzichtet werden. Diese Rechnung macht de Maiziere nicht öffentlich, aber allein schon, dass er Österreichs Plan nicht zurückweist, zeigt, dass er sie offenbar auch im Kopf hat.

(ar)