Innenpolitik, Kommentare, Parteien
Stefan Maas an seinem Arbeitsplatz im HSS / Foto: Ansgar Rossi Deutschlandradio
14.04.2016

CDU in Sachsen-Anhalt spielt mit dem Feuer

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Ein Betriebsunfall, so beschreibt ein SPD-Angeordneter, was gestern im Landtag in Sachsen-Anhalt geschehen ist. Ein Unfall – das ist wohl nicht die richtige Beschreibung für die Wahl eines AfD Politikers zum Vizepräsidenten des Parlaments in Magdeburg. Denn ein Unfall ist ein Unglück, das in den meisten Fällen eher zufällig eintritt, zumindest ohne größere Vorplanung. Wenn aber 21 Abgeordnete, die nicht zur AfD gehören, für den AfD-Kandidaten stimmen, dann müsste da schon sehr viel Zufall im Spiel sein.

Nun kann man zur Verteidigung vorbringen, wenn die anderen Parteien sich zusammengeschlossen und den AfD-Kandidaten nicht gewählt hätten, dann hätte sich die Alternative für Deutschland wieder einmal als Opfer präsentieren können. Neben der gezielten Provokation, um Aufmerksamkeit zu erregen, ist das eine weitere Lieblingsstrategie der AfD. Dieses Mal hätte sie aber sogar Recht gehabt.

Dass die AfD nun einen stellvertretenden Landtagspräsidenten stellt, kann sogar eine Chance sein, denn der muss, wenn er sein Amt ernst nimmt, auch die eigenen Leute zur Ordnung rufen, wenn sie gegen die Regeln verstoßen. Weniger Opfer, mehr Disziplin. Mehr Landespolitik statt Gezeter über Flüchtlinge.

Das eigentliche Problem an der Wahl ist, dass es wohl vor allem der rechte Parteiflügel der CDU ist, der die Hand in Richtung der rechtspopulistischen neuen Landtagskollegen ausstreckt. Um zu zeigen: so weit liegen wir gar nicht auseinander. Das ist erschreckend, denn am Wahlprogramm der AfD in Sachsen-Anhalt kann man erkennen, wie nationalistisch orientiert der Landesverband ist. Teile der CDU im Land sind es auch.

Diese Teile sind unzufrieden mit dem ihrer Ansicht nach zu zahmen Kurs ihres Ministerpräsidenten – und geben der SPD und den Grünen während der Koalitionsverhandlungen zu verstehen, bleibt schön bescheiden. Wir können notfalls auch ohne euch. Das aber ist ein Spiel mit dem Feuer, denn die AfD könnte sich im politischen Spektrum noch weiter nach rechts bewegen. Ein Signal: Parteivize Alexander Gauland kann sich im Europaparlament eine Fraktions-Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen Front National vorstellen – eine Idee, die die AfD lange von sich gewiesen hat. Die Europaabgeordnete und stellvertretende Parteivorsitzende Beatrix von Storch hat inzwischen die Fraktion gewechselt – und sitzt nun zusammen mit den britischen Europaskeptikern von der UKIP. Ihr Kollege, Marcus Pretzell, der gestern von seiner Fraktion ausgeschlossen wurde, könnte ihr folgen.

Wenn die AfD Ende des Monats ihr Programm beschließt, wird man mehr darüber wissen, was für eine Partei die AfD sein will. Was für eine sie werden wird, das weiß man nicht. Dafür ringen noch zu viele Personen um Einfluss. Und Parteichefin Frauke Petry könnte den Fehler ihres Vorgängers Bernd Lucke wiederholen und sich selbst isolieren. Anders als Lucke wird sie ihre Gegner zwar kaum unterschätzen, helfen dürfte ihr das aber nicht, wenn sie erst einmal alleine steht.

tb