Berlin, Innenpolitik, Kommentare, Parteien
Stefan Maas an seinem Arbeitsplatz im HSS / Foto: Ansgar Rossi Deutschlandradio
18.04.2016

AfD und Islam

Von

Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Das Thema Islam sei doch nur eines unter vielen in dem Programmentwurf, über den die AfD Ende des Monats auf ihrem Parteitag abstimmen werde, versuchte Uwe Junge, der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende heute Morgen in diesem Programm die Wogen zu glätten, die die beiden Parteivizes Alexander Gauland und Beatrix von Storch mit ihren Äußerungen seit gestern aufgewühlt haben. Und es seien ja auch zwei Einzelmeinungen, auf dem Parteitag werde sicherlich viel differenzierter diskutiert.

So verständlich der Versuch der Relativierung auch ist, auch Junge selbst weiß, dass er damit nicht richtig liegt. Denn die Relevanz eines Themas bemisst sich nicht zwingend an der Zahl der Zeilen, die ihm gewidmet sind. Und die selbst sind ja das Destillat einer Diskussion, die die Partei fast seit Anbeginn an führt. Auch per Mitgliederbeteiligung während des Programmprozesses.

Für die AfD ist das Thema Islam ein zentrales, eines mit Perspektive. Daraus lässt sich auch wunderbar an der Urne Kapital schlagen. Dass wissen auch Alexander Gauland und Beatrix von Storch. Mitnichten irgendwelche Einzelpersonen, die mit ihrer Privatmeinung hausieren gehen. Hier wird ein Thema, wenngleich auch kein neues, gezielt gesetzt. Selbst wenn auf dem Parteitag eine differenzierte Haltung formuliert werden sollte, was nicht wahrscheinlich ist, die knackig formulierte Kernbotschaft ist platziert und dürfte – dank riesigem Medienrummel und vielen aufgebrachten Reaktionen von Verbänden und Parteien, bei der potentiellen Wählerschaft angekommen sein. Interessanter, wenn man herausfinden will, in welche Richtung sich die Partei entwickeln könnte, ist ein zweiter Aspekt, der mit dem ersten zusammenhängt.

Das Thema Islamkritik hat für die Alternative für Deutschland nämlich auch noch eine internationale Dimension, denn über ihre Haltung zum Islam werden die deutschen Islam- und Europakritiker in Europa anschlussfähig.

Nicht umsonst hat Alexander Gauland die Diskussion um die Frage erneut befeuert: Wie hält die AfD es eigentlich mit dem Front National. Mit der österreichischen Rechtspartei FPÖ hat ein großer Teil der Führungsriege der AfD eh keine Berührungsängste mehr. Über das nun sehr offensiv gespielte Thema Islamkritik findet sich auch die Möglichkeit, mit dem Front National anzubändeln. Der nationalkonservative Flügel, für den Alexander Gauland steht, hat schon länger ein Auge auf die Le-Pen-Partei geworfen.

Dass Beatrix von Storch, aber auch Parteichef Jörg Meuthen eine mögliche Annäherung an den Front National kritisch sehen, liegt eher daran, dass sie mit dessen wirtschaftspolitischer Ausrichtung nicht einverstanden sind. Der Front National ist ihnen zu links. Sie wollen keine Staatswirtschaft.

Ließe sich über die gemeinsame Islamfeindlichkeit eine Verbindung zum Front National herstellen, könnte Alexander Gauland es schaffen, ohne den Wirtschaftsflügel zu sehr zu verletzen, über Bande – über die europäische Ebene – die AfD noch besser nach seinen Vorstellungen zu formen. Und sie den anderen europäischen Rechtsparteien weiter anzunähern.

(ar)

Kommentare zu diesem Beitrag (1)

  1. Bernd Derksen | 23. April 2016, 9:25 Uhr

    Nachvollziehbare Überlegungen

    Ja, für mich nachvollziehbare Überlegungen des Kommentators.
    Gut möglich,dass dem so ist bzw. sein wird.
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    Wobei ich finde, dass die politische Debatte über die politischen Aspekte des Islams bzw. seiner Ausprägungen sinnvoll ist. Lange wurde derlei unter anderem von Medien wie dem DLF quasi tabuisiert. So zumindest mein Eindruck.

    Dass die AfD ignorierte bzw. vernachlässigte Politik-Themen aufgreift und für sich nutzen möchte, ist nachvollziehbar und im Parteienwettbewerb üblich. Gerade bei nicht-etablierten Parteien, für die das Finden und Besetzen von Konfliktlinien zu den anderen noch wichtiger als ohnehin ist.

    Politische Akteure die dies kritisch sehen, können ja argumentativ dagegen halten.
    Nach meinen Eindrücken geschieht dies bislang zumeist per Schlagworten etc., weniger durch inhaltlich ernsthafte Auseinandersetzungen.
    (Wobei mir da beim Thema von der AfD auch noch nicht so viel bekannt ist … 😉 )
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    Ich bin ja der Ansicht, dass gerade die bemerkenswert deutliche Kontra-AfD-Berichterstattung (auch in den meisten DLF-Beiträgen) eine wichtige Grundlage für deren umfragemäßigen Aufschwung ist.
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    Am Ende noch mal zur Klarstellung:
    Ein deutliches Lob für den Kommentator und den Kommentar!