Berlin, Kommentare
Stefan Maas an seinem Arbeitsplatz im HSS / Foto: Ansgar Rossi Deutschlandradio
24.05.2016

Kommentar – AfD bricht Gespräche ab

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Dieses Treffen war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Hätte es sich um ein normales Gespräch gehandelt, hätten sich AfD-Chefin Frauke Petry und Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, hinterher gemeinsam vor die Kameras gestellt und erklärt, sie seien sich einig, sich nicht einig zu sein. Jeder hätte auf seinen Positionen beharrt, aber immerhin, man hätte miteinander geredet. So wird es in der Auseinandersetzung unter Demokraten gehalten, die bei aller inhaltlichen Härte am Ende auf den Austausch von rationalen Argumenten setzen.

Dieser Höflichkeitsmindeststandard hätte nach dem Treffen mit dem Zentralrat der Muslime vielen potentiellen Wählern zeigen können, dass die AfD das auch kann: auf andere zugehen. Viellicht war es war es naiv, das zu erwarten. Weil die AfD genau die Gepflogenheiten der Etablierten verachtet, dieses vermeintlich Weichgespülte. Und Frauke Petry weiß, dass sie damit bei einem anderen – und vielleicht größeren Teil ihrer Wählerschaft nicht punkten kann – der sich einen kompromisslosen Kurs gegen Muslime wünscht. Der Gesprächsabbruch ist damit auch als ein Signal an die eigenen Truppen zu verstehen.

Gleichzeitig hatten beide Seiten die Hürden für das Gelingen des Gesprächs enorm hoch gelegt – und haben sie bis zum Gesprächsabbruch nach einer Stunde nicht überspringen können: Die AfD hatte als Voraussetzung für das Gespräch verlangt, dass Aiman Mazyek seine Aussage zurückzieht, erstmals seit dem Ende der Nazizeit gebe es in Deutschland eine Partei, die eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiere und in ihrer Existenz bedrohe. Das kann natürlich nicht Bedingung für ein Gespräch über grundsätzliche Fragen sein, sondern wenn überhaupt dessen Ergebnis. Zugleich, so interpretierte das die AfD, verlangte der Zentralrat der Muslime, dass die Partei Teile ihres erst kürzlich beschlossenen Programms verwirft, weil die Ablehnung von Minarettbau und Muezzinruf seiner Ansicht nach der Religionsfreiheit, und damit dem Grundgesetz, widerspricht. Aus Sicht der AfD natürlich eine zu große Forderung.

Es ist gut vorstellbar, dass ein Gesprächsabbruch von beiden Seiten von vornherein eingepreist war. Inklusive der jeweiligen Selbstdarstellung als missverstandenes Opfer. Geht man jedoch nach den irritierten Gesichtern bei der AfD nach dem Treffen, dann ist offensichtlich trotzdem einiges anders gelaufen als geplant. Gut möglich, dass beide Parteien plötzlich festgestellt haben, dass es auch der anderen Seite gar nicht in erster Linie um Dialog ging sondern darum, den Gesprächspartner zu bezwingen. Oder zumindest zu beweisen, dass der andere eben doch genau so ist, wie man es schon immer vermutet hat. Verbohrt, rückwärtsgewandt. Nicht fähig zum Grundsatzgespräch. Wäre das der Fall, dann haben wir nach diesem Treffen – zumindest aus der jeweiligen Sicht – zwei Gewinner. Und leider sehr sehr viel mehr Verlierer.

(tb)