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Deutschlandradio – Hauptstadtstudio Katharina Hamberger / Foto: Bettina Straub
26.07.2016

Kommentar: Besonnenheit statt Aktionismus

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Wie ruhig kann man bleiben, nach so schrecklichen Taten, wie in Würzburg, München und Ansbach? Bei so viel Hass, so viel Gewalt? Erstaunlich besonnen reagierten in den ersten Stunden tatsächlich Polizei und Politik – und das war der richtige Weg, das tat gut – auch weil das nicht nur ein Gegengewicht zum Hass der Täter, sondern auch zum Hass der Rassisten im Netz war. Aber nun scheint die Besonnenheit leider dem Aktionismus zu weichen.  Es werden verschiedene – teils altbekannte – Vorschläge gemacht, die als Lösung verkauft werden, um dieses Land wieder sicherer zu machen.

Es gibt natürlich Schrauben an denen man drehen kann. Mehr Personal für die Polizei ist so eine – vor allem nach dem in den vergangenen Jahren in vielen Bundesländern Stellen abgebaut worden sind. Eine verzichtbare Debatte hingegen ist die über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren – denn weder in München, noch in Ansbach, noch in Würzburg hätte das Hinzuziehen der Bundeswehr die Situation besser gemacht. Es ist eine Debatte, die CDU und CSU schon vor den schrecklichen Taten in Bayern gerne geführt haben und nun  – und das macht es noch bedenklicher  – die Situation nutzen, um sie wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Auch um eine fragwürdige Grundgesetzänderung wieder ins Spiel zu bringen, um die durchaus begründete Trennung von Polizei und Bundeswehr aufzuweichen. Und dann gibt es noch die Debatte über die Sicherheitsüberprüfung von Flüchtlingen. Es ist durchaus legitim, die Frage zu stellen, an welcher Stelle es Verbesserungen geben kann, aber absolute Sicherheit gibt  auch das nicht. Wenn es keine auffälligen Informationen zu einer Person gibt, dann gibt es sie nun mal nicht, wie zum Beispiel bei den Attentätern von Ansbach und Würzburg.

Es ist natürlich ein Balanceakt für die Politik: Denn da ist auf der einen Seite das tatsächlich Mögliche und auf der anderen die Erwartungshaltung, die Politiker zu erfüllen haben: Sie sollen ein Gefühl von Sicherheit geben, sie sollen dafür sorgen, dass nie wieder passiert, was nicht passieren darf.  Und das möglichst schnell. Daran werden sie gemessen – vor allem in Zeiten, wo jeder in Sekunden den seiner Meinung nach richtigen Weg im Netz präsentieren kann.

Für CDU und CSU geht es auch darum, eines ihrer Kernthemen wieder stärker in den Vordergrund zu stellen: die innere Sicherheit.

Dennoch wäre es angebracht, weiter besonnen und nicht aktionistisch zu reagieren. Das heißt nicht nicht handeln, sondern die Balance zu halten.

Denn es wird und kann diese eine Lösung für die absolute Sicherheit nicht geben – außer wir wollen dafür den Preis des Verlustes der Menschlichkeit und der Freiheit zahlen. Werte, die es zu verteidigen und nicht in Frage zu stellen gilt.

(ar)