Brüssel, EU-Kommission
Noch hängt der Union Jack im EU-Parlament © European Union 2015 - Source EP
Noch hängt der Union Jack im EU-Parlament © European Union 2015 - Source EP
19.10.2016

Fallendes Pfund beschert EU Milliardenloch

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Seit Jahresbeginn hat das britische Pfund im Vergleich zum Euro um fast 18 Prozent an Wert verloren. Damit sinkt auch der Betrag, den Großbritannien jeden Monat in den EU-Haushalt einzahlt – und reißt so ein Milliardenloch.

Wie viel jedes EU-Mitglied in den Haushalt der Gemeinschaft einzahlen muss, ist immer wieder Thema für heftige Debatten. Nicht zuletzt Großbritannien hat (auch mit seinem so genannten „Briten-Rabatt“) ein ambivalentes Verhältnis zum Haushalt der EU. Im Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum im Juni wurde von den Brexit-Befürwortern stets auf die Kosten der EU-Mitgliedschaft hingewiesen – wenn auch mit falschen Zahlen.

Bisher fehlen 1,8 Milliarden EUR

Großbritannien soll in diesem Jahr rund 14 Milliarden Euro in den EU-Haushalt einzahlen. Da die Briten aber am Pfund festhalten, wird diese Summe mit Stichtag 31.12. in Pfund umgerechnet. Beim damaligen Kurs von 1,36 Euro pro Pfund Sterling sind das 10,3 Milliarden Pfund. Dieser Betrag wird dann auf zwölf Monate aufgeteilt, womit an jedem ersten Werktag des Monats rund 860 Millionen Pfund zu zahlen sind. Und hier kommen die schwankenden Wechselkurse ins Spiel: Steigt der Wert des Pfundes, kommen auch mehr Euro in Brüssel an. So war es beispielsweise im vergangenen Haushaltsjahr. Sinkt der Wert des Pfundes aber, fließen weniger Euro in den Haushalt. Der Pfund-Betrag bleibt gleich.

Bisher wurden EU-Beiträge für zehn Monate überwiesen. Durch den Kursverfall des Pfundes soll so ein Fehlbetrag von 1,8 Milliarden Euro aufgelaufen sein. Das bestätigt das Büro des Europaabgeordneten Jens Geier (SPD). Geier ist der zuständige Berichterstatter für den EU-Haushalt. Die EU-Kommission wollte sich zu dieser Zahl bisher nicht äußern. Schriftlich bestätigt sie zwar, dass es ein Defizit gibt. Zur genauen Höhe könne man derzeit aber noch nichts sagen. Fest steht: Steigt das Pfund im Vergleich zum Euro nicht wieder über den Wert vom 31.12.2015, dann wächst bis Jahresende auch das Defizit im EU-Haushalt. Nach Informationen von Politico soll der Fehlbetrag bereits jetzt zu Problemen beim Begleichen von Rechnungen führen.

Defizit muss ausgeglichen werden

Wie kann das nun entstandene Defizit ausgeglichen werden? Schließlich muss am Jahresende im EU-Haushalt eine schwarze Null stehen – Schulden darf die EU nicht aufnehmen. Drei Optionen kommen infrage:

  1. Das Vereinigte Königreich muss nachzahlen
  2. Alle Mitgliedsstaaten müssen den Fehlbetrag ausgleichen
  3. Das fehlende Geld wird mit Mehreinnahmen an anderer Stelle ausgeglichen

Variante 3 gilt derzeit als am wahrscheinlichsten. Die EU-Kommission gibt sich gelassen und teilt schriftlich mit:

„In der Regel können solche Schwankungen durch sonstige Einnahmen ausgeglichen werden; das sollte auch diesmal der Fall sein“

Diese sonstigen Einnahmen sind beispielsweise Strafzahlungen, die Unternehmen leisten mussten. Auch Jens Geier hofft, dass das entstandene Loch so ausgeglichen werden kann. Ob die Mehreinnahmen dafür aber ausreichen, ist noch völlig offen. Wie das Haushaltsloch gestopft wird, entscheiden am Ende die (noch) 28 Mitgliedsstaaten.

Großbritannien könnte profitieren – und verlieren

Nicht nur auf die Höhe der Beiträge zum EU-Haushalt haben die Kursveränderungen einen Einfluss. Auch die Höhe der nach Großbritannien zurückfließenden Mittel hängt davon ab. Sinkt der Wert des Pfundes, fließen für den gleichen Euro-Betrag mehr Pfund ins Vereinigte Königreich. Und so könnte Großbritannien von der Abwertung seiner Währung gegenüber dem Euro sogar noch profitieren.

Zugleich wird aber am 31.12.2016 wieder festgelegt, wie viel Pfund Sterling das Königreich 2017 zu zahlen hat. Und dieser Betrag dürfte dann deutlich über den bisher rund 860 Millionen Pfund pro Monat liegen.