Brüssel, EU-Kommission, Europaparlament
Ein kostenloses Interrailticket zum 18. Geburtstag? © European Union 2017
Ein kostenloses Interrailticket zum 18. Geburtstag? © European Union 2017
31.03.2017

Fast ganz einfach: Interrailticket für alle!

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Ein Interrail-Ticket für alle jungen Europäer zum 18. Geburtstag – Das war die Idee, die CSU-Mann Manfred Weber im EU-Parlament vorgeschlagen hat. Nun hat die Kommission diese Idee umgesetzt. Alle Jugendlichen in Europa haben die Chance, aus dem EU-Haushalt eine Reise durch Europa finanziert zu bekommen. Jedenfalls theoretisch. Also fast…

„Move2Learn, Learn2Move“ nennt sich das Projekt der EU-Kommission. Das klingt Modern und heißt so viel wie „Beweg‘ dich, um zu lernen und lerne umzuziehen“ und soll Europas Jugend schon früh auf die Zukunft vorbereiten: „In deinem Land bekommst Du eh keinen Job, also bereite dich schon mal darauf vor, in ein anderes EU-Land auszuwandern.“

Natürlich soll es bei der Entscheidung, wessen Reise gefördert wird, auch so gerecht wie möglich zugehen. Deshalb hat die Kommission dafür einen kleinen Kriterienkatalog erstellt. Wie erhalte ich also ein Ticket, um Europa zu entdecken und als überzeugter Europäer nach Hause zu kommen? Ein kleiner Überblick.

 

1. Wer kommt infrage?

Im Prinzip kann jeder Jugendliche ein Ticket erhalten. Oder sagen wir besser: fast jeder Jugendliche. Einige wenige Einschränkungen:

1.1 Das Programm richtet sich ausschließlich an Schüler.

1.2 Die Antragsteller müssen mindestens 16 Jahre alt sein.

1.3 Sie müssen auf der Plattform eTwinning angemeldet sein

„eTwinning ist eine Initiative im Rahmen des Programms Erasmus+, die Lehrern und Schülern europaweit die Möglichkeit gibt, bei Projekten über eine Online-Plattform zusammenzuarbeiten. Sie hilft Schülern beim Erwerb neuer Qualifikationen und Kompetenzen und unterstützt Lehrer bei der beruflichen Weiterbildung.“ (Quelle: EU-Kommission)

1.4 Auf dieser Plattform müssen sie im Schuljahr 2016/17 ein Projekt durchgeführt haben.

1.5 Zwar können sich auch einzelne Schüler bewerben, jedoch werden ganze Klassen bevorzugt behandelt.

1.6 Die besten Chancen auf eine Förderung haben Klassen, die eine Partnerklasse besuchen, mit der sie auf dem eTwinning-Portal zusammenarbeiten.

1.7 Die Antragsteller müssen Passierschein A38* vorlegen.

 

2. Wonach wird entschieden, wer ein Ticket erhält?

Auch hier müssen nur einige wenige Kriterien beachtet werden und dann steht dem Reisespaß nichts mehr im Weg. Nationale Koordinierungsstellen sollen der Kommission bei der Auswahl der Schulklassen bzw. Schüler helfen. Folgende Kriterien werden bewertet:

2.1 Die Qualität des über die Twinning-Plattform umgesetzten Projektes

2.2 Der Umfang der sozialen Inklusion (z. B. benachteiligte junge Menschen) im Rahmen des Projekts

2.3 Hat die Klasse bereits eine Auslandsreise unternommen?

2.4 Wurde eine Förderung bis spätestens 30. Juni 2017 beantragt?

 

3. Wohin geht die Reise?

Herzlichen Glückwunsch, Du/Deine Klasse wurde(st) ausgewählt! War doch gar nicht so schwer, oder? Nun geht es an die Reiseplanung. Dabei bist Du nicht an den Zug als Verkehrsmittel gebunden, wie in der ursprünglichen Interrail-Idee. Nein, wähle Dein Reisemittel einfach selbst! Auch hierfür gibt es einige einfache Kriterien, die wir teilweise direkt von der Webseite der EU-Kommission kopiert haben (denn nirgendwo sonst wird das Ganze so anschaulich erklärt – kannste dir echt nicht ausdenken…):

3.1 „Der gewichtete Durchschnitt der CO2-Emissionen je Reisendem und Kilometer mit den einzelnen Verkehrsträgern darf für die Reisestrecke 200 g nicht überschreiten. Die einzelnen Verkehrsträger weisen folgende Werte auf: Eisenbahn: 14 g, Stadt- und Fernbusse: 86 g, mittelgroße Fähren: 258 g, kleine Fähren und Flugzeuge: 285 g CO2. Der Schwellenwert wurde auf 200 g festgesetzt, damit die Teilnehmer für ihren CO2-Fußabdruck sensibilisiert werden und den jeweils nachhaltigsten Verkehrsträger wählen.“

3.2 „Außerdem sollte das Verhältnis zwischen Reise- und Aufenthaltsdauer bei einer Fahrt von höchstens 3 Tagen höchstens 1 zu 3 und bei einer längeren Fahrt höchstens 1 zu 4 betragen. Damit soll vermieden werden, dass Schüler sehr lange Reisen mit langsamen Verkehrsträgern oder großen Umwegen unternehmen, die ihnen nur wenig Zeit für den Aufenthalt am Zielort lassen.“

3.3 „In den Fällen, in denen die beiden Kriterien nicht gleichzeitig erfüllt werden können, müssen die Teilnehmer einen anderen Ort wählen. Ausnahmen gelten z. B. für Teilnehmer, deren Abfahrtsort auf einer Insel liegt, oder wenn die Schulklasse einen Twinning-Partner besucht.“

3.4 Die Reise darf bis zu zwei Wochen dauern.

 

4. Werden die Kosten für die gesamte Reise übernommen?

Ja, fast! Also zu einem Großteil. Kommt halt darauf an, wie viel der Spaß kostet. Also es sind 350 Euro. Aber die Summe kann sogar noch auf 530 Euro steigen – unter bestimmten Bedingungen. Auch hier haben wir wieder auf die poetischen Erläuterungen der Kommission selbst zurückgegriffen. 530 Euro Förderung gibt es:

4.1 „Bei Teilnehmern, deren Abfahrts- oder Zielort auf Zypern, Malta, in Island oder in äußerster Randlage (Guadeloupe, Französisch Guyana, Martinique, La Réunion, Mayotte, Saint-Martin, Madeira, Azoren oder Kanarische Inseln) liegt.“

4.2 „Wenn die Reisekosten im Inland zur Erreichung des Haupt- oder Busbahnhofs oder des Flughafens, von dem der Teilnehmer die Landesgrenze überschreitet, mehr als 100 EUR betragen.“

4.3 „Bei einer Schulfahrt zur Partnerklasse.“

 

Fürs Leben lernen

So werden sich ab August 2017 Millionen Jugendliche in Europa (genauer gesagt 5.000 – und sollte das Geld länger ausreichen, dann bis zu 7.000) auf den Weg machen, ihren Kontinent entdecken und als begeisterte EU-Bürger zurückkehren. Zumindest diejenigen, die die Punkte 1.1-4.3 beachtet, einen ordnungsgemäßen Fördermittelantrag gestellt und anschließend die Verwendung der Mittel dokumentiert und abgerechnet haben. Und nebenbei bietet das Antragsverfahren die Gelegenheit, umfangreiche Erfahrungen im Bereich Verwaltungswissenschaft und höherer Mathematik zu sammeln!

Lediglich einen Änderungsvorschlag habe ich. Aber den wird man in der Kommission sicherlich verstehen: Nach Abwägung aller Tatsachen und in Kenntnis der allgemeinen und speziellen Umstände kommt der Autor zu dem Schluss, dass unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der jungen Generation und dem Hinwirken auf das Ziel eines gemeinsamen Europas, insbesondere des Binnenmarktes, ein generationen-, sowie chancengerechtes, nachhaltiges Europa mit dieser Maßnahme dann erreicht wird, wenn das Programm den folgenden Titel trägt: #Interfail.