Brüssel, EU-Kommission
Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis © European Union 2017
Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis © European Union 2017
31.05.2017

Charisma einer Rauhfasertapete

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In erster Linie sollen EU-Kommissare keine Redner, sondern Politiker sein. Sie müssen ihre Politik allerdings auch in der Öffentlichkeit vertreten und präsentieren können. Manch einer hat, äh, damit, ähhh, so seine Prob- äh-leme.

Nein, es soll nicht um Günther Oettinger gehen. Der deutsche EU-Kommissar ist aufgrund seiner dialektalen Sprachfärbung, vor allem im Englischen, seit Jahren Ziel von Hohn und Spott. Nach Außen trägt er das mit Fassung und versucht so oft es geht auf Deutsch (was ja eine der drei Arbeitssprachen der EU ist) auszuweichen. Und wer Günther Oettinger schon etwas länger auf dem internationalen Parkett beobachtet, merkt, dass der Mann an seinem Englisch gearbeitet hat. Auch wenn es hin und wieder Grund zum Schmunzeln gibt.

 

 

In diesem Text soll es aber nicht um Günther Oettinger gehen, sondern um Valdis Dombrovskis. Wer? Ja, Valdis Dombrovskis ist außerhalb Brüssels und seiner lettischen Heimat nicht vielen bekannt. Dabei war er nicht nur lettischer Premierminister. In Jean-Claude Junckers EU-Kommissars-Team hat Dombrovskis die Position eines von sechs Vize-Kommissionspräsidenten. Er ist zuständig für den Bereich „Euro und sozialer Dialog“ und hat damit mehrere Kommissare unter sich. In Brüssel ein wichtiger Mann, der es allerdings leider überhaupt nicht versteht, die Politik der Kommission öffentlich darzulegen. Genau das hatte Kommissionspräsident Juncker zu Beginn seiner Legislatur aber angekündigt: Seine Kommissare sollten eine Art Botschafter der Kommission sein.

Dombovskis hingegen präsentiert die Pläne der Kommission mit einem Elan, als wäre er die Personifikation der Brüsseler Bürokratie selbst. Seine Statement zur Vorstellung der Kommissions-Ideen in Sachen Wirtschafts- und Währungsunion beginnt er auf seine typische Art und Weise. Aber hören Sie selbst:

 

 

Natürlich ist das alles menschlich und sagt über seine politischen Qualitäten nichts aus. Die Wenigsten von uns sind geborene Entertainer oder haben jemals in ihrem Leben ein Sprechtraining bekommen – warum auch? Ich selbst habe Radiobeiträge beim Hochschulradio produziert, die – was die Spreche angeht – rückblickend betrachtet als Körperverletzung gelten müssten. Aber: Nach vielen Jahren Sprecherziehung (und vielen Sprecherziehern, die graue Haare bekommen haben), darf ich nun sogar die Hörer des Deutschlandfunks erfreuen.

Valdis Dombrovskis scheint sich über solche oberflächlichen Dinge keinen Kopf zu machen – Jedenfalls vermitteln seine Auftritte diesen Eindruck. Oder niemand in der Kommission traut sich, ihm ein ehrliches Feedback seiner Auftritte zu geben. Und-äh-so stammelt-äh-er lieber weiter vor-äh-äh-äh-sich hin und verleiht der EU-Kommission die Aus-ähhh-Strahlung eines Formulars zur Umsatzsteuervoranmeldung.

Der nüchterne Stil Valdis Dombrovskis täte manchem Dolmetscher hingegen sehr gut.