Beiträge mit dem Schlagwort: Mittelmeer

12.02.2016

12.02.2016: Hinter den Grenzen der EU

Die Grenzen der EU sind keine besonders ruhigen Gegenden: gleich hinter Frontex beginnen im nördlicheren Osten Diktaturen, in Ost-/Süd-Ost und Südosten ehemalige und aktuelle Kriegs- und Krisengebiete, von Moldawien über die Ukraine über Georgien bis Armenien, die Türkei und die Levante, im Süden eine Mischung aus Failed States, autokratischen Regimen und einer kleinen teilweise hoffnungsfroh stimmenden Ausnahme namens Tunesien.

Doch die EU-Staaten brauchen viele der Nachbarn schon aus Eigeninteresse. Weshalb die blumigen Worte der europäischen Mittelmeerstrategie, der östlichen europäischen Nachbarschaftspolitik und viele andere europäischen Vorhaben immer unter Realitätsvorbehalt stehen bzw. kräftig überarbeitet werden (müssen). Doch wie steht es um die Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den Nachbarn?

1.) Florence Gaub und Nicu Popescu schreiben in einem Bericht für das Institute for Security Studies der EU:

Angesichts wachsender Instabilität, steigender terroristischer Bedrohung und humanitärer Katastrophen die so viele Teile der die EU umgebenden Region betreffen, ist es wichtig, sich nicht nur auf Länder zu fokussieren, die nahezu gescheitert sind. Sondern möglicherweise noch wichtiger, auf jene, wo Fortschritt greifbar, aber fragil ist. Alle Staaten in der Region stehen vor ernsthaften Herausforderungen, aber, wie die Analyse zeigt, bestimmte Politiken funktionieren – wenn sie beständig über einen langen Zeitraum umgesetzt werden.

2.) Ist die Europäisierung für manche Konflikte vielleicht ein Ausweg? In einem 2015 erschienenen Buch analysiert Ines Lietzke lesenswert am Beispiel des Kosovo und seiner Beziehung zu und mit Serbien und der EU, wo die Europäisierung funktioniert und wo nicht. Die Verhandlungsbereitschaft und den Gewaltverzicht der Parteien lobt die Autorin in ihrem Fazit, aber:

Allerdings ist beide Male [für Kosovo und Serbien] zu bemerken, dass die positive Bewertung nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Verhandlungspartei aus Überzeugung handelt, sprich eine Verinnerlichung europäischer Werte stattgefunden hat. Gerade bei Kosovo scheint es, als hätte oftmals eher ein calculus approach vorgelegen

3.) Hat europäische Außenpolitik einen Einfluss auf die Sicherheitspolitik in benachbarten Ländern? Das haben Forscher vom European University Institute im Zusammenhang mit den Bewegungen des sogenannten Arabischen Frühlings in Tunesien und Marokko herauszufinden versucht, doch ihr Fazit wirkt sehr ernüchtert und ernüchternd:

Tatsächlich ließe sich argumentieren, dass die Intensität und der Umfang der sich entfaltenden Krisen in der arabischen Welt die EU dahin gebracht hat, sich in ihrer isolationistischen Position weiter einzugraben, mehr Kooperation in Sicherheitsfragen mit den Arabischen Regimen – ob neuen, wie in Tunesien, oder alten wie in Marokko – zu verlangen und sicherzustellen, dass diese die ihnen übertragenen Aufgaben umsetzen.

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11.11.2015

11.11.2015: EU-Afrika-Treffen auf Malta

Die Herausforderung ist groß, der Tagungsort eher klein: Auf Malta, genauer in dessen Hauptstadt Valletta beginnt an diesem Mittwoch ein zweitägiger Sondergipfel zur Flüchtlingskrise. Dort kommen die Staats- und Regierungschefs aus der EU sowie aus 35 afrikanischen Staaten zusammen.

1.) Es wird erwartet, dass die europäischen Staaten den afrikanischen GesprächspartnerInnen ein Angebot machen werden: Ihr kriegt viel Geld – und helft uns im Gegenzug in der Flüchtlingskrise. Zum Beispiel, indem ihr mehr abgelehnte Asylbewerber zurücknehmt.

2.) Eine Übersicht der Themen des Treffens und der Teilnehmerdelegationen finden Sie hier. 

3.) Mit Diktatoren zusammenarbeiten? Ja/ Nein! Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten in Berlin mit Blick auf das Malta-Treffen. Deutschlandradio-Korrespondent Stefan Maas schildert die Gemengelage.

 

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Geburtsort: Mittelmeer. Die kleine Sophia an Bord der "Schleswig-Holstein" Foto: Petersen/Bundeswehr/dpa
, 01.10.2015

Flüchtlingskind muss für Militäreinsatz herhalten

Die kleine Sophia hatte einen dramatischen Start ins Leben: Ihre somalische Mutter war von einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer gerettet worden. Am 22. August brachte sie Sophia an Bord der deutschen Fregatte „Schleswig-Holstein“ zur Welt. Nun soll eine EU-Militärmission nach dem Mädchen benannt werden. Eine nette PR-Aktion, die zugleich den ganzen Zynismus der Situation im Mittelmeer deutlich macht.

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07.08.2015

07.08.2015: Flucht in die EU

Wieder einmal hat es ein Bootsunglück im Mittelmeer gegeben, wieder einmal sind dabei Menschen ums Leben gekommen. Etwa 200 Flüchtlinge werden noch immer vermisst. Derweil konnten 600 Menschen eines anderen Bootes aus Seenot gerettet werden.

1.) Unter anderem die deutsche Fregatte „Schleswig-Holstein“ patrouilliert im Mittelmeer und soll Flüchtlinge aus Seenot retten. Kommandant Marc Metzger erklärt im Interview mit Spiegel Online, wie die Rettungseinsätze ablaufen.

2.) Über die Plattform vesselfinder.com kann jeder selbst nachverfolgen, wo sich gerade auf den Weltmeeren welches Schiff befindet. Dort sind auch die beiden deutschen Marineschiffe „Schleswig-Holstein“ und „Werra“ zu finden, mit denen Deutschland die Rettungsaktionen unterstützt.

3.) Die Künstler des Peng-Kollektivs rufen dazu auf, selbst zum Fluchthelfer zu werden und Migranten auf dem Weg in die EU zu unterstützen. Allen Fluchthelfern soll ein „Europäisches Verdienstkreuz“ verliehen werden.

 

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22.06.2015 2 Kommentare

22.06.2015: EUNAVFOR Med

Die EU will härter gegen sogenannte „Schleuserbanden“ im Mittelmeer vorgehen, die Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg über das Meer nach Europa schicken. Seit April arbeitet der Europäische Auswärtige Dienst unter der Außenbeauftragten Federica Mogherini an der Umsetzung der rechtlichen Vorbereitung der Mission „EUNAVFOR Med“. Heute haben die EU-Außenminister den Start der ersten Phase beschlossen. Bereits morgen soll diese beginnen.

1.) In der ersten Phase sollen Informationen über Schleuser und deren Netzwerke gesammelt werden. Das kann nun beginnen. In Phase II und III sollen dann Schiffe auf hoher See durchsucht und Schleuserboote an der libyschen Küste zerstört werden. Dafür fehlen aber noch die rechtlichen Grundlagen. Auf den Seiten des Rates wird erläutert, wie die Mission genau aussehen soll.

2.) Mit dem Einsatz soll verhindert werden, dass mehr Menschen die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer wagen (können). Der Think Tank des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors kommt aber zu dem Schluss:

„Irreguläre Migration darf nicht einseitig durch die Sicherheitsbrille betrachtet werden. Vielmehr bedarf es intensiver ressortübergreifender Zusammenarbeit auf nationaler und europäischer Ebene. Wenn strukturelle Ursachen in den Herkunfts- und Transitländern nicht bekämpft werden, ist zu befürchten, dass die sowohl kostspielige als auch riskante Operation EUNavfor Med ein Tropfen auf dem heißen Stein bleibt.“

3.) Noch härter fällt das Urteil der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl aus: Der „Militäreinsatz ist völkerrechtswidrig“.

 

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Syrien-Flüchtlinge im jordanischen Aufflanglager Zaatari © European Union 2013 - EP
, 23.04.2015 3 Kommentare

Wer Waffen exportiert, muss Flüchtlingen helfen

Die bisherige Verteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten wird oft als ungerecht kritisiert. Demnach trügen Länder wie Italien, Schweden oder Deutschland die Hauptlast, andere könnten viel mehr Asylbewerber aufnehmen – aber wollten nicht. Was, wenn Flüchtlinge nach einem Schlüssel auf die EU-Länder verteilt würden, der sich nach dem Umfang der jeweiligen Waffenexporte richtet? Wer sich jetzt schon ins Fäustchen lacht, dass dann vor allem Deutschland mehr tun müsste, der irrt. Es sind ganz andere Länder, die sich dann mehr engagieren müssten.

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20.04.2015

20.04.2015: EU-Seenotrettung

Bis zu 950 Tote werden nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes vor der Küste Libyens am Wochenende befürchtet. Erst wenige Tage zuvor waren bei einem anderen Schiffsunglück 400 Menschen im Mittelmeer gestorben.

Nach den beiden jüngsten Katastrophen werden die Forderungen nach einem Kurswechsel in der EU-Flüchtlingspolitik lauter. Die EU-Außenbeauftragte Mogherini sagte am Montag, es könne jetzt keine „Alibis“ mehr für Untätigkeit geben und forderte „sofortige“ Maßnahmen. Fraglich ist vor allem, ob die EU an ihrem Ansatz bei der Seenotrettung im Mittelmeer festhält.

1.) Seit rund einem halben Jahr ist das Programm „Triton“ in Kraft: Damit unterstützt die EU-Grenzschutzagentur Frontex die italienischen Behörden bei der Überwachung seiner Küsten. Kritiker werfen der Mission jedoch vor, dass es bei Triton nicht um die Rettung von Flüchtlingen ginge, sondern um Grenzsicherung. Auch sei das Budget von monatlich 2,9 Millionen Euro sehr niedrig angesetzt.

2.) Am 1. November 2014 hat „Triton“ hat „Mare Nostrum“ abgelöst. Mare Nostrum ist ein italienisches Seenotrettungsprogramm gewesen, bei nach den Angaben Roms mehr als 100.000 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Das Budget lag mit monatlich rund 9 Millionen Euro deutlich höher als bei Triton. Die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ bezeichnet Mare Nostrum als „italienische Großtat“ – und nennt Triton „Europas Schande“.

3.) Wie könnte eine neue EU-Seenotrettungsmission aussehen, fragt sich taz-Redakteur Christian Jakob. Er spricht sich für eine stärkere Beteiligung der EU-Staaten an der Seenotrettung aus. Und sieht die Kosten für eine solche Mission mit rund 30 Cent je EU-Bürger.

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