10.11.2017

„Unter eins“, „Unter zwei“, „Unter drei“ – Vertrauen und Vertraulichkeit in der politischen Kommunikation

Immer wieder laden Politiker Journalisten zu sogenannten Hintergrundgesprächen ein. Was Medienvertreter dort hören, fällt normalerweise „unter drei“ – das heißt, sie dürfen darüber nicht berichten. Entsprechend sind solche Hintergrundgespräche umstritten. Der Verdacht steht im Raum, dass Politiker und Journalisten dadurch eine unangemessene Nähe entwickeln. Oder braucht man ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen beiden Seiten, damit Journalisten Informationen von Politikern bekommen? Doch wo hört die Vertraulichkeit auf und fängt die Kumpanei an?

Jost Müller-Neuhof vom Berliner „Tagesspiegel“ gehört zu denen, die Hintergrundgespräche kritisch sehen. Letztlich verpflichte sich dabei nur der Journalist zum Stillschweigen, „während sich die staatliche Stelle nach ihrem Hintergrund vorbehält, über Informationen, die sie dort gegeben hat, weiter zu disponieren“, sagte er am Donnerstag während der Konferenz „Formate des Politischen“ in Berlin.

Alle Journalisten müssen gleich behandelt werden

Müller-Neuhof verwies darauf, dass staatliche Stellen im Prinzip verpflichtet seien,  Journalisten bei der Erteilung von Auskünften gleich zu behandeln: „Keine selektive Informationsvermittlung an  ausgewählte Journalisten ohne weitere Begründung“, fordert der Tagesspiegel-Journalist. Wie jede Art von Regierungshandeln muss sich auch die Durchführung von Hintergrundgesprächen Transparenzansprüchen stellen.“ Diese Forderung gilt ihm zufolge aber auch für die Medien: „Wenn wir glaubwürdig Transparenz fordern wollen, mit welchen Wirtschaftsführern oder Lobbyisten sich Regierungsvertreter treffen, sollten wir den Transparenzanspruch auch gegen uns selbst dulden müssen.“

Müller-Neuhoff hat eine Klage gegen die Bundesregierung erhoben, mit der er die Herausgabe von Informationen über Teilnehmen und Themen von vertraulichen Journalistengespräche der Bundeskanzlerin erreichen will. Die Klage wurde zuletzt vom Oberveraltungsgericht Brandenburg abgewiesen.

Professionelle Distanz entscheidender als Transparenz

Auch Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien sprach sich gegen die Forderung nach Offenlegung vertraulicher Gesprächskontakte zwischen Journalisten und Politikern aus. Wentzien sprach von einem „Terror der Transparenz“.

Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien (Foto: Deutschlandradio / Marius Schwarz)

Öffentlichkeit sei nur vermeintlich immer ein Erkenntnisgewinn, betonte sie. Um mehr Transparenz in politische Abläufe und Entscheidungswege zu bringen, seien im Gegenteil gerade Vertrauen und Vertraulichkeit notwendig.

„Hintergrund ist nicht Hinterzimmer, Einsicht ist nicht Durchsicht, professionelle Distanz ist entscheidend“,  so Wentzien. „Ich glaube, dass Politik als Handwerk zur eigenen Funktionsfähigkeit das Recht darauf hat, dass nicht alles öffentlich ausgetragen werden muss!“