Krieger

»Man kann ihn zum Transport von Ausrüstung benutzen. Als Waffenplattform. Oder als Sanitätsfahrzeug. Je nachdem, was gebraucht wird. «
–Barb Paynter, PR-Managerin

Wer in den USA über eine Militärtechnik-Messe läuft, begegnet unweigerlich auch Robotern. Der Protector ist ein solcher Roboter. Er bewegt sich nicht wie menschliche Kämpfer auf zwei Beinen, sondern auf Ketten, etwa der Protector, ein flaches Fahrgestell, auf der Messe publikumswirksam präsentiert mit einer großkalibrigen Waffe.

Kent Massey, Entwickler bei HDT Global

»Der kann 500 Kilogramm Ladung tragen«, erklärt Kent Massey, der den »Beschützer« für die Firma HDT entwickelt hat. »Er kann Ausrüstung transportieren oder einen sicheren Pfad entminen.«  Sichtlich stolz hebt  Massey die Vielseitigkeit hervor: Der Protector eigne sich auch, um Verletzte aus der Schusslinie zu holen. Oder  man bestücke ihn mit einer Waffe. »Das kann auch ein größeres Mörsergeschütz sein, als die Soldaten auf ihrem Rücken verkraften. Das gibt ihnen die Möglichkeit, sich aus sicherem Abstand selbst zu verteidigen.«

Der Krieg wird weniger tödlich für die eigenen Truppen, das ist die Kernbotschaft in Washington D.C. beim Jahrestreffen der Association of the United States Army (AUSA). Dort wo Soldaten bisher ihr Leben für die Freiheit riskierten, sollen in Zukunft Roboter Dienst tun. Schon jetzt sei der Erfolg messbar: Robotermissionen im Irak und in Afghanistan hätten 800 Soldaten das Leben gerettet und unzählige Verletzungen verhindert, gibt das Robotic Systems Joint Project Office der Army auf seiner Website an.

Thomas Reintjes beim Jahrestreffen der Association oft he United States Army (AUSA) in Washington D.C.

Roboter-Hersteller warten auf die großen Aufträge

In Washington sind zwei Messehallen gefüllt mit hunderten Ausstellern aus der ganzen Welt. Roboter gehören zu den Publikumsmagneten und alle namhaften Hersteller sind vertreten. Aber nicht alle reden gerne über die Killertalente ihrer Produkte. iRobot etwa befürchtet einen negativen Einfluss auf sein Consumer-Geschäft mit Staubsaugerrobotern. Und auch Qinetiq präsentiert nur Service-Roboter. Auf der Verteidigungsmesse gibt man sich defensiv. Erst auf Nachfrage und hinter vorgehaltener Hand erfährt man: »Wenn die Army uns fragt, können wir bewaffnete Roboter entwickeln.« Dabei hat die Army längst mit Praxistests begonnen. Auf ihrem Testgelände in Fort Benning, Georgia, ließ sie sich vorführen, zu was Technik heute imstande ist. Jetzt ist die Army-Verwaltung dabei, die Spezifikationen für einen flexibel einsetzbaren Roboter zu erarbeiten, der Ausrüstung transportieren, Rettungsmissionen unterstützen und Feuerkraft bieten kann. 2017, schätzen Fachleute, könnte dann ein gigantischer Auftrag ausgeschrieben werden. Allerdings beschränkt sich die Budgetplanung des US-Verteidigungsministeriums für die Anschaffung von Bodenrobotern in den kommenden Jahren auf ein- bis zweistellige Millionenbeträge – nichts im Vergleich zu Flugdrohnen, für die jedes Jahr Milliarden Dollar ausgegeben werden.

infografik
Daten: Boston Consulting Group

Es gibt zahlreiche Projekte zur »Roboterisierung« des Militärs, in den USA bei Army, Navy und Air Force sowie bei den Spezialeinheiten (SOCOM) und der Marineinfanterie. Nach einer Analyse der Association for Unmanned Vehicle Systems International fließt derzeit erst rund ein Prozent des US-Verteidigungshaushalts in Entwicklung und Anschaffung unbemannter Systeme. Doch die Bedeutung nimmt zu. Immer mehr Geld fließt in Renten- und Krankenversicherung der Soldaten. Inzwischen verschlingen Personalkosten mehr als ein Viertel der Militärausgaben, Tendenz weiter steigend. Das sorgt für weiteren Druck, auf unbemannte Systeme zu setzen. Die Hersteller reagieren bereits und präsentieren Komponenten, über die ein Soldat mehrere Roboter gleichzeitig kontrollieren kann. Auch die sind auf der AUSA zu sehen, zusammen mit den Maschinen. Die Firmen wollen den Eindruck zerstreuen, dass ein Roboter einen ständigen Betreuer braucht. Denn mit echter Autonomie können sie noch lange nicht dienen.

 Autonom agierende Roboter sind das Ziel

Die USA, Israel, aber auch Südkorea und Russland gelten als führend beim Einsatz von Militärrobotern. Doch etliche Länder ziehen inzwischen nach. Einer Datenanalyse der Boston Consulting Group zufolge werden die Ausgaben für militärische Roboter im Jahr 2015 weltweit bei schätzungsweise 7,5 Milliarden Dollar liegen. Und im Jahr 2025 sollen Armeen bereits eine mehr als doppelt so hohe Summe für robotisches Kriegsgerät ausgeben.

Israeli-police-robot
Israelischer Polizeiroboter im Einsatz

Das meiste Geld wird in Drohnen und Marine-Systeme investiert, nur ein kleiner Teil entfällt auf Bodenroboter. Die übernehmen vorerst vor allem gefährliche Aufklärungsmissionen oder transportieren eigenständig Ausrüstung von A nach B. Die International Federation of Robotics rechnet damit, dass im Zeitraum 2014 bis 2017 rund 54.000 militärische Service-Roboter verkauft werden. In welcher Mission diese tatsächlich unterwegs sein werden, wird in Zukunft mehr vom Anwender als vom Hersteller abhängen. Die Army hat ein Interoperability Profile (IOP) erarbeitet, das sie weniger abhängig von einzelnen Herstellern machen soll. Ein IOP-kompatibler Roboter soll sich leicht mit IOP-kompatiblem Zubehör anderer Hersteller verbinden lassen. Einer Roadmap der Army zufolge erwartet man ab 2017 den Einsatz von Waffen auf unbemannten Bodenrobotern, ab 2019 sollen sie menschenähnliche Fähigkeiten in der visuellen Wahrnehmung haben und ab 2020 auch autonom operieren können.

Ein Roboter, der sich zu einem solchen Universaltalent entwickeln könnte, ist auf der AUSA in Halle D zu sehen: der Multi-Utility Tactical Transport (MUTT) von General Dynamics. Mit einem Elektromotor kommt er bis zu 24 Kilometer weit und meistert auch steile Anstiege. »Autonom ist MUTT noch nicht«, erklärt Business Manager Tim Reese. Er werde vielmehr mit einem dünnen Draht an den Gürtel eines Infanteristen gebunden und folge diesem dann wie an einer Leine in einigem Abstand auf Schritt und Tritt. »Um die Steuerung des Geräts muss sich der Soldat trotzdem keine Gedanken mehr machen, Kopf und Hände bleiben frei.«  Das »Multi-Ultility« im Namen des Fahrzeugs betont die Vielseitigkeit und Reese ist stolz darauf. Er gehört zu den wenigen Ausstellern, die offenherzig ansprechen, dass man die Roboter natürlich auch bewaffnen kann. Fachmedien und Militärs aus aller Welt hätten sich interessiert gezeigt, sagt Reese. Und bedankt sich am Ende unseres Interviews ausdrücklich für das Interesse der Bundeswehr.

Thomas Reintjes im Gespräch mit Siemnon Wezeman, Internationales Friedensforschungsinstitut