Chronologie

»Vor 20 Jahren gehörte ich zu den ersten weiblichen Piloten von Kampfjets. Als ich in einer F/A-18 Hornet saß, wurde mir klar, dass innerhalb von 20 Jahren die Kriegstechnik die menschlichen Fähigkeiten in den Schatten stellen würde. Und dann tauchten die Drohnen auf.«
̶̶ Mary Louise Cummings
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Mary Louise (genannt Missy) Cummings war eine der ersten Kampfjetpilotinnen in der US Navy. Ihre Erfahrungen hat sie  in dem Buch „Hornet’s Nest“ aufgeschrieben. Heute ist sie Professorin an der Duke University in North Carolina. Als Kampfpilotin hat sie das stete Fortschreiten der Kriegstechnik miterlebt, als Wissenschaftlerin erforscht sie die Folgen.

 

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1913
Alexander Meißner legt mit der Erfindung der Oszillatorschaltung die Grundlage für die Funktechnik.

1917
Das erste funkgesteuerte Flugzeug startet zu einem Testflug – mit anschließender Bruchlandung. Gebaut wurde es von dem englischen Ingenieur Archibald Low, der seither als Pionier ferngesteuerter Waffentechnik gilt. Nach dem Ersten Weltkrieg wird das Projekt von der Britischen Luftwaffe nicht mehr weiter verfolgt.

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1942
Die deutsche Wehrmacht nutzt das »Sonderkraftfahrzeug 302«, auch genannt Goliath. Der Minipanzer kann mit Sprengladungen von 60 bis 100 Kilo beladen und per Funk- oder Kabelfernbedienung in feindliche Stellungen gelenkt werden. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs werden mehr als 7500 Goliaths produziert.

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1942
Missy Cummings‘ Großvater zieht als Meteorologe mit der  US-Pazifikflotte unter
Admiral Nimitz in den Zweiten Weltkrieg.

1944
Der erste speicherprogrammierbare Computer wird ausgeliefert – in einer militärischen Geheimaktion. Bis in die 1970er Jahre wissen nur wenige Eingeweihte, dass während des Zweiten Weltkriegs der »Colossus« im britischen Bletchley Park an der Entschlüsselung deutscher Wehrmachts-Kommunikation arbeitet.

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1964
Der Tonkin-Zwischenfall führt zum Eintritt der USA in den Vietnamkrieg. Schon zuvor schicken die USA Drohnen nach Südost-Asien. Die National Security Agency (NSA) nutzt die Kameradrohnen in der Operation »Purple Dragon« als Aufklärer. Von einem Transportflugzeug ausgesetzt sammeln sie Daten bis sie an einem Fallschirm zu Boden sinken oder von einem Hubschrauber eingefangen werden. Teils werden sie per Funk ferngesteuert und per Radar überwacht, manche Modelle haben ein Barometer, um selbst die Flughöhe kontrollieren zu können. Zwar kosteten erste Drohnen schon im Zweiten Weltkrieg Tausende Briten das Leben, doch im Vietnamkrieg werden sie erstmals in großem Stil eingesetzt. Die Air Force lässt bis zum Fall von Saigon 1975 mehr als 3000 Aufklärungsdrohnen vom Typ Ryan aufsteigen. In diesem Einsatz beweisen sie ihren Nutzen, die Entwicklung bewaffneter Drohnen wird forciert.

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Anfang der 60er Jahre
Missy Cummings‘ Vater verlässt seine Heimat im armen, ländlichen Arkansas
und die dort herrschende Arbeitslosigkeit zugunsten eines Jobs beim Militär.
Schon mit 17 hat er sich ohne Highschool-Abschluss für vier Jahre bei den
Marines verpflichtet. Jetzt will er zur Navy.

1966
Missy Cummings wird in Memphis, Tennessee, geboren

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1972
Der heute älteste noch in Dienst befindliche Flugzeugträger der USA läuft vom Stapel: die USS Nimitz. Neun weitere Schiffe dieses Typs werden bis 2009 gebaut. Es sind nach wie vor die größten Kriegsschiffe der Welt. Die Nimitz-Klasse ist benannt nach dem Admiral, an dessen Seite Missy Cummings‘ Großvater stationiert war.

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Anfang der 70er Jahre
Missy Cummings wächst mit einem jüngeren und einem älteren Bruder auf.
Beim Abendessen erwartet der Vater von seinen Kindern, dass sie ihn über das
Weltgeschehen unterrichten: Politik, Religion, Geld sind die Themen. Sonntags
schaut man zusammen Kriegsfilme. Bereits seit ihrer frühesten Kindheit wollte
Cummings sie zum Militär.

»My two brothers and I were expected to pay close attention because an oral
quiz was given after the movie ended. Not only were we required to summarize
the movie, we explained tactics, strategies and the historical implications. We
watched all the classics, Sands of Iwo Jima, Patton, Guns of Navarrone,
Operation Petticoat—the list is endless. I loved watching these movies and
learned debate skills at an early age. The glory of fighting and defending
the nation was emblazoned on my mind from the start and the most supreme
sacrifice and honor was to die for one’s country. I was a soldier from the
time I was five.« Cummings, Missy (1999): Hornet’s Nest, S. 13.

1979
Robert Williams wird als erster Mensch von einem Roboter getötet. Der Roboter handelte allerdings nicht absichtlich, sondern war dabei, Teile aus dem Lager eines amerikanischen Ford-Werks zu holen, als er gegen den Kopf des 25-jährigen schlug.

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1984
Mit einem guten Highschool-Abschluss wird Missy Cummings auf der Naval
Academy in Annapolis aufgenommen. Wie ihr Vater es ihr vorgelebt hat, plant
sie, die kommenden 30 Jahre in der Navy zu verbringen.

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1989
Missy Cummings landet zum ersten Mal auf einem Flugzeugträger. Anderthalb
Jahre zuvor hat sie ihre Ausbildung als Midshipman und einen Bachelor in
Mathematik an der Naval Academy abgeschlossen und ist jetzt auf dem Weg, zu
einer der ersten Kampfjetpilotinnen zu werden.

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1991
Am ersten Tag des Zweiten Golfkrieges wird zum ersten Mal eine F/A-18 Hornet abgeschossen; der Pilot kommt ums Leben. Diese Kampfjets, in Dienst gestellt 1983, sind der vorherrschende Flugzeugtyp auf US-Flugzeugträgern. Die Maschinen sind größtenteils computergesteuert, das Cockpit vollständig digital. Entscheidungen des Piloten können vom Bordcomputer ignoriert werden. Die Steuerung soll selbst automatisch auf Beschädigungen, etwa durch Beschuss, reagieren und den Jet so manövrierfähig halten.

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1994
Missy Cummings fliegt zum ersten Mal eine F/A-18 Hornet.

»Vor 20 Jahren gehörte ich zu den ersten weiblichen Piloten von Kampfjets.
Als ich in einer F/A-18 Hornet saß, wurde mir klar, wie viel Automation zu
diesem Zeitpunkt schon in den Systemen steckte. Als ich zum Beispiel sah, wie
gut Flugzeuge auf Flugzeugträgern landeten und wie sich Raketen zu der Zeit
entwickelten, war mir klar, dass innerhalb von 20 Jahren die Kriegstechnik die
menschlichen Fähigkeiten in den Schatten stellen würde.
Und dann tauchten
die Drohnen auf.«

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1995
Die Air Force schafft die ersten Predator-Drohnen mit Kameras und anderen Sensoren für Aufklärungsflüge an. Ein modifiziertes späteres Modell lässt sich auch bewaffnen. Die Predator-Drohnen werden in den darauf folgenden Jahren in Afghanistan, Pakistan, Bosnien, Serbien, Irak, Jemen, Libyen, Syrien und Somalia eingesetzt.

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1997
Die Navy plant, Missy Cummings als F/A-18-Pilotin auf dem Flugzeugträger
USS Nimitz einzusetzen. Doch was einmal Cummings Traum war, ist zum
Albtraum geworden. Sie verlässt die Navy, wegen einer Krankheit, vor allem
aber weil die Frauenfeindlichkeit, der sie von Anfang an ausgesetzt ist, immer
extremere Formen annimmt, je weiter sie aufsteigt. Sie geht zunächst,
noch im Auftrag der Navy, an die Pennsylvania State University und bildet
dort Offiziersnachwuchs aus.

»I loved flying, especially the F/A-18, but I could not stand the ostracism and
abuse surrounding me. I was amazed at how quickly I forgot all the recent
lessons God taught me about humility, the sanctity of life, and His grace in my
quest to prove I was just as good or better than the next fighter pilot. Now, I
was in pain both physically and mentally and I could only blame myself for
continuing to submit myself to such torment.«
Cummings, Missy (1999): Hornet’s Nest, S. 325.

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1999
Cummings verlässt die Navy endgültig und wechselt zur Virginia State
University. Zuvor bekommt sie noch einen Orden für ihre hervorragende
Lehrtätigkeit.

2001
Ein Land, in dem Predators stationiert sind, vermutlich Usbekistan, gestattet den USA
die Bewaffnung der Drohnen. Noch am gleichen Tag fliegt erstmals eine Predator-Drohne
mit Hellfire-Raketen an Bord einen Einsatz in Afghanistan.

2003
Missy Cummings erhält von der University of Virginia ihren Doktortitel
als System-Ingenieurin.

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2004
15 Roboterfahrzeuge sind in der Mohave-Wüste unterwegs: Die DARPA, die Technikabteilung des US-Verteidigungsministeriums, veranstaltet die erste Grand Challenge. Die Roboterfahrzeuge sollen eigenständig 241 Kilometer durch die Wüste fahren, auf das Sieger-Team warten eine Million Dollar. Das beste Fahrzeug, »Sandstorm« von der Carnegie Mellon University, schafft knapp fünf Prozent der Strecke, bevor es in Flammen aufgeht.

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2007/2008
Die Army stationiert erstmals drei bewaffnete Roboter in einem Einsatzgebiet, dem Irak. Das Modell Swords des später von Qinetiq gekauften Herstellers Foster-Miller ist mit einem Maschinengewehr ausgerüstet und kann aus einem Kilometer Entfernung gesteuert werden. Die Geräte sind inzwischen Museumsstücke. Sie sollen nie einen Schuss auf einen Feind abgegeben haben.

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2014
Der Rüstungskonzern Northrop Grumman teilt mit, die Global-Hawk-Drohnen hätten 100.000 Stunden im Einsatz absolviert. Aus dem Unternehmen heißt es: »Global Hawk ist ein strategisches luftgestütztes Gerät mit nie dagewesener Höchstflugdauer, Reichweite und Lebensdauer, die Entscheidungsträgern nahezu Echtzeit-Informationen von überall auf der Welt zur Verfügung stellen kann.«

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Heute
Missy Cummings erforscht an der Duke University die Mensch-Maschine-Interaktion.
Unter anderem interessiert sie sich dafür, wie Drohnenpiloten vor ihren Bildschirmen
ihre Aufmerksamkeit aufrechterhalten können.

»Wir haben viel geforscht. Und es hat sich herausgestellt, dass sich ein Drohnenpilot
in über 90 Prozent der Zeit unglaublich langweilt. Es passiert einfach nichts.
Während der meisten Missionen parkt eine Drohne 10.000 Fuß über einem
potentiellen Ziel, kreist dort und wartet darauf, dass jemand aus einem Gebäude
herauskommt. Sie warten manchmal Tage oder sogar Wochen auf irgendeine Art
von Aktivität. Wenn Sie fragen, werden Ihnen die meisten Drohnen-Piloten sagen,
dass es unerträglich langweilig ist.«