16.12.2014: Pegida/No Pegida
»Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes«, kurz Pegida. Unter diesem Kürzel finden seit Wochen Demonstrationen in Dresden statt, die gegen eine angebliche Islamisierung des Abendlandes und für Asylrechtsverschärfungen protestiert. Gestern waren es 15.000 Menschen, die auf die Straße gingen. Die demokratischen Parteien zeigen ein breites Spektrum an Reaktionen: von totaler Ablehnung von Pegida (u.a. Justizminister Maas/SPD) bis Verständnis der dort aufgeworfenen Forderungen (u.a. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer) bis zu offener Unterstützung durch die AfD. Sogar Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich diesbezüglich gestern am Rande eines Treffens mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten:
1.) Aber um wen handelt es sich bei den Demonstranten? Es sind nicht nur die üblichen Ausländerfeinde, die neu in Mode gekommenen Nazis mit Anzug und Studium, extrem konservative bis rechtsorientierte Wutbürger und sogenannte »besorgte Bürger«, die ihre Angst häufig mit Vorurteilen schüren und gemeinsam in großer Zahl auf der Straße kundtun. Nicht nur Nazis und Hooligans, die Pegida ausmachen: diese marschieren allerdings auch lautstark mit. Es entsteht eine explosive Mixtur, auf die die Politik noch kein Mittel gefunden hat, um sie konstruktiv einzudämmen. Soll man sie dämonisieren oder versuchen, ihre Ziele als eigene zu verkaufen, wie es aus Teilen der Union schon leise gefordert wird? »Wir sind so weit wie nie zuvor von einer Islamisierung des Abendlandes entfernt«, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer heute im Deutschlandfunk. Einer „überbordenden Zuwanderung“ müsse die Politik dennoch „mit einem offenen Ohr“ begegnen. Das Interview dazu finden Sie hier.
2.) Die Zahlen hierfür sprechen allerdings eine andere Sprache. Der Gesamtanteil von Muslimen in der Bevölkerung beträgt ca. 5%. Schätzungen zufolge wird die Zunahme bis zum Jahr 2050 nur eine Steigerung von ca. 2% erfahren (was einem Gesamtanteil von 7% der Gesamtbevölkerung darstellen würde). In Sachsen, dem Ursprung von Pegida, ist der Anteil von Menschen muslimischen Glaubens verschwindend gering (bei ca. 0,1-0,7% der Bevölkerung). Die meisten Muslime sind fest integrierter Bestandteil der Bevölkerung. Viele sind hier geboren und zahlen mit ihren Steuern und Abgaben in die Sozialsysteme ein, die unser aller Zusammenleben finanzieren. Erschreckend allerdings ist, dass sich Muslime in unserem Land wieder Sorgen um ihr normales Leben machen müssen, wie Hasnain Kazim es in seinem Kommentar für SpiegelOnline hier treffend beschreibt.
3.) Eine interessante Nebenentwicklung von Pegida ist es, dass scheinbar mit der »deutschen Presse« nicht mehr geredet werden soll. Merkwürdig nur, dass ausgerechnet mit dem mutmaßlichen Reporter von »Russia Today/deutsch«, aus dem lupenrein demokratischen Russland, der sich allerdings als ein schlecht kostümierter Reporter der ZDF-heute-show entpuppte, gesprochen wird. Das Video dazu finden Sie hier (Vorsicht Satire!).
3x Links ist eine werktägliche Rubrik im Berlin:Brüssel-Blog. Alle Einträge können Sie hier nachlesen.
Von Ansgar Rossi