Berlin 16.02.2015

Von Siegern lernen – AfD uneins über die richtige Wahlkampfstrategie

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Frauke Petry reckt den Hals und lächelt etwas verkniffen. Es ist Montagmorgen, kurz nach elf, die Alternative für Deutschland hat in Berlin ins Haus der Bundespressekonferenz eingeladen, um sich zum erfolgreichen Abschneiden des Hamburger Landesverbandes bei der Bürgerschaftswahl zu äußern. Frauke Petry sitzt drei Plätze vom Hamburger Spitzenkandidaten Jörn Kruse entfernt. Der hat gerade erklärt, 6,1 Prozent, das sei ein gutes Ergebnis, auch wenn er sich mehr ausgerechnet hatte. Sieben bis acht, sagt er, damit habe er noch vor ein paar Wochen gerechnet. Aber der Wahlkampf sei schwierig gewesen.

Abgerissene Plakate, Angriffe auf Häuser einiger Kandidaten. Und die Presse. Ja, manche Medien hätten versucht, die AfD runter und die FDP hoch zu schreiben.

Dann ist Frauke Petry an der Reihe. Sie darf als eine der drei Parteisprecher Jörn Kruse offiziell gratulieren. Tut sie auch. Gehört sich so. Die AfD sei nun auch in einem „ehemalig westdeutschen Landesparlament“ angekommen. Das sei ein Erfolg, sagt sie. Der Wahlkampf sei schwierig gewesen.  Doch jetzt habe sich gezeigt, die Partei sei eine kleine Volkspartei. Dann lächelt sie und schaut geradeaus. Kruse lässt sie – von ihrem Platz aus betrachtet – links liegen.

Einige Minuten später, Konrad Adam hat inzwischen geredet, Bernd Lucke hat gesprochen, da legt die sächsische Landeschefin nach. Es geht – noch einmal – um das Wahlergebnis in Hamburg. Wahlkampf sei Ländersache, erklärt sie. Persönlich, habe sie aber den Eindruck, man habe „mehr schaffen können“. Ein besseres Ergebnis. Hätte man die Themenpalette besser ausgespielt. Das sei natürlich nur eine Einschätzung aus der Ferne. Sie sei ja nicht in Hamburg gewesen.

Frauke Petrys komplette Aussage hören Sie hier:

Ein Seitenhieb. Denn Petry, die sächsische Landeschefin, war nicht eingeladen, im Wahlkampf aufzutreten. Ein Schicksal, dass sie mit den beiden anderen Ost-Landeschefs  Alexander Gauland aus Brandenburg und Thüringens Landeschef Björn Hocke teilt.

Die haben zwar bei ihren Landtagswahlen im vergangenen Jahr gut abgeschnitten (in Sachsen kam die AfD auf 9,7 Prozent, in Thüringen auf 10,6 und in Brandenburg auf 12,2 Prozent), doch schmücken wollten sich die Hanseaten mit diesen Siegern nicht. Zwar hat auch der Hamburger  Spitzenkandidat Jörn Kruse bewiesen, dass er durchaus das ganze Themen- und politische Spektrum bespielen kann – das eigentliche Ziel war es aber, die Alternative in Hamburg als liberale Kraft zu positionieren. Also: Auftritt Lucke, Auftritt Henkel. Für die Ostkollegen blieb nur der Tritt vors Schienbein.

Der Wochenzeitung DIE ZEIT hatte Kruse erklärt:

 „Im Osten ist das eine ganz andere Szene, da kann man offenbar noch mit simplen Sprüchen punkten.“

 

Das will Petry natürlich so nicht auf sich sitzen lassen. Kruses Aussage sei daneben, sagt sie. Es gebe keine Diskrepanz zwischen Ost- und West-AfD. Das ist nicht ganz falsch, das ist nicht ganz richtig. Ganz so deutlich kann man die Grenze nicht ziehen zwischen denen, die nationalkonservativ denken wie Petry und Gauland, und denen, die die Partei lieber als neue, bessere Liberale Partei positionieren möchten. Im Wahlkampf in Sachsen, Thüringen und Brandenburg setzte die Alternative für Deutschland jedoch deutlich stärker auf die Themen innere Sicherheit und vor allem Islamismus und Einwanderung. Und auch in der Partei selbst ist die Richtung noch nicht gefunden. Das Parteiprogramm ist noch nicht fertig, im November soll darüber abgestimmt werden. Bis dahin wird kräftig in beide Richtungen gezogen. Auch deshalb war die Hamburger Wahl eine wichtiger Fingerzeig: Kann die AfD auch punkten, wenn sie etwas weiter in der Mitte fährt, ohne einen „explizit liberalen Wahlkampf“  zu machen?

Sie kann, sagt Hamburgs Landeschef Kruse.

„Wenn Frau Petry sagt, wir hätten in Hamburg auch besser abschneiden können, dann werde ich mir das vielleicht zu Herzen nehmen und sie das nächste Mal etwas früher fragen, was wir denn tun sollten.“

„Frau Petry“ schaut er dabei nicht an. Die reckt den Hals und lächelt verkniffen.

 

Jörn Kruses ganze Aussage hören Sie hier:

 

 

 

 

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