Berlin, Kommentare
"Denkerpose" - Stefan Maas im HSS / Foto: Ansgar Rossi
20.04.2016

Come to Marlboro Country… (oder auch nicht)

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Der Marlboro-Mann, der bei Sonnenuntergang genüsslich seine Zigarette raucht, ist im Kino längst in Rente. Die Darsteller: tot. Mittlerweile ist der Marlboro-Mann, wenn überhaupt noch, höchstens ein Nebendarsteller, der irgendwo in der Ferne durch beeindruckende Landschaften reitet. Rauch ist kaum noch zu sehen.

Doch auch damit – und mit allen entsprechenden Kampagnen anderer Marken – ist es ab 2020 vorbei. Schade um die tollen Landschaftsaufnahmen vor dem Kinofilm oder die anderen, meistens visuell sehr ansprechenden Filmchen – aber abgesehen davon wurde so ein Verbot auch höchste Zeit. Es war sowieso nicht zu erklären, warum im Kino und auf Plakatwänden noch immer erlaubt war, was im Fernsehen, im Internet, in Zeitungen und Zeitschriften längst verboten ist. Da stellt sich höchstens die Frage, warum erst in vier Jahren?

Das Verbot ist eine konsequente Fortsetzung der jüngst beschlossenen Maßnahmen, die nicht zuletzt Kinder und Jugendliche abhalten sollen, Raucher zu werden: Schockbilder, die ab Mai großflächig auf Zigarettenpackungen gezeigt werden müssen. Teerverklebte Lungen zum Beispiel.

Tabak- und Werbeindustrie kritisieren das Verbot – auch mit dem Argument, es sei das erste Mal in Deutschland, dass für ein legales und frei handelbares Produkt nicht mehr geworben werden dürfe. Außerdem unterschätze der Staat die Verbraucher. Die seien bei weitem nicht so naiv, sich von Werbung verführen zu lassen. Natürlich sollte man über das Argument nachdenken, ob die Politik Verbraucher bevormunden sollte. Dem lassen sich aber gleich mehrere Argumente entgegenhalten. Zum einen sind da die Zahlen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung geht in ihrem Bericht davon aus, dass 110.000 Todesfälle pro Jahr direkt auf das Rauchen zurückgeführt werden können. Das deutsche Krebsforschungsinstitut schätzt, die direkten und indirekten Kosten des Rauchens auf etwa 79 Milliarden Euro pro Jahr. Es geht also bei weitem nicht um ein harmloses, wenn auch frei verkäufliches Produkt.

Das zweite Argument betrifft die „aufgeklärten Verbraucher“. Natürlich gibt es auch diejenigen, die sich umfassend informieren und dann bewusste Kaufentscheidungen treffen, aber es gibt eben auch genug, die das nicht tun. Und sich eben doch locken lassen – und das gilt nicht nur für Tabakwerbung. In diesem Punkt sollte die Politik eigentlich noch weitergehen: Auch ein Werbeverbot für hoch zuckerhaltige Lebensmittel könnte sich die Politik einmal genauer anschauen.

Interessant ist aber noch ein weiteres Argument. Dieses Mal von der Werbeindustrie. Die erwartet durch die zukünftig eingeschränkte Werbung gar keinen Rückgang der Raucherquote. Die Zahl der jugendlichen Raucher habe sich in den vergangenen zehn Jahren bei gleichbleibenden Werbeinvestitionen halbiert, argumentiert sie. Hier ist jemand zwar an Gesundheit interessiert, aber nur an der der Werbebranche.

Und man möchte gleichzeitig sagen: Vielen Dank für den wertvollen Hinweis. Denn das heißt wahrscheinlich: Bessere Aufklärung, vor allem aber massiv gestiegene Preise scheinen Wirkung zu zeigen. Also für mehr Effekt: mehr Geld für Aufklärungskampagnen. Und: Weiter kräftig rauf mit der Tabaksteuer.
 

(ar)

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