Brüssel, Digitalpolitik, EU-Kommission, Medien
Der österreichische Brüssel-Korrespondent Thomas Mayer. © Thomas Mayer
Der österreichische Brüssel-Korrespondent Thomas Mayer. © Thomas Mayer
11.09.2014

Analyse: Deutschland im EU-Personalkarussell

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Alle wichtigen Posten in der EU sind neu vergeben worden. Thomas Mayer, Brüssel-Korrespondent des österreichischen Standard findet, dass Junckers neue Kommission sich stark gegen Deutschlands Einfluss in Europa stellen muss. Außerdem hätte Deutschland seiner Ansicht nach einen besseren Kommissar nach Brüssel schicken sollen.

Eurogruppenchef, Ratspräsident, EU-Kommission – in den vergangenen Wochen wurden zahlreiche Posten in der EU neu besetzt. Von rücksichtsloser Personalpolitik der Bundeskanzlerin und den mächtigen Deutschen in Brüssel war die Rede. Die Herkunft des Personals spiele aber gar keine so große Rolle, findet Thomas Mayer:


Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch seine neuen Kommissare und deren Aufgabenbereiche vorgestellt. Besonders die Berufung des ehemaligen französischen Finanzministers Pierre Moscovici wird heftig kritisiert. Dieser habe versucht – so Pressestimmen – die Sparvorgaben der EU zum umgehen. Deshalb sei er nun in seiner neuen Aufgabe nicht geeignet, diese Vorgaben von den Mitgliedsstaaten – und damit auch von Frankreich – einzufordern. Darin sieht Mayer keine Gefahr.


Dass die Neugestaltung der Kommission als Affront gegen Merkel gesehen wird – beispielsweise weil Deutschland keinen der Vize-Präsidenten stellt, sondern diese Posten an Vertreter kleinerer EU-Partner vergeben wurden – ist für den Österreich-Korrespondenten Mayer ein wichtiges Signal Junckers in Richtung Deutschland:

 


Parlament könnte Kommissare ablehnen

Ende September werden die zukünftigen Kommissare beim Parlament vorsprechen. Anschließend muss das Plenum über Junckers Kabinett abstimmen. In den vergangenen Jahren habe das Parlament bei jeder neuen Kommission Vorbehalte gehabt, betont Mayer. Seiner Ansicht nach könnte es bei drei Kommissars-Kandidaten Widerspruch geben:

 

  1. beim Briten Jonathan Hill, der die Finanzmärkte überwachen soll,
  2. beim Ungarn Navracsics, der für Bildung, Kultur und Jugend zuständig sein soll,
  3. und beim Spanier Cañete, der sich mit Klimapolitik und Energie beschäftigen soll.

 

Auch aus den Reihen der Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken im Europaparlament wurden die drei Kommissars-Kandidaten zum Teil heftig kritisiert.

 

Deutschland hat keinen Kommissar aus der ersten Reihe

Der bisherige deutsche Kommissar, Günther Oettinger, wird vom Energie-Ressort in den bereich digitale Wirtschaft wechseln. Mit ihm habe Deutschland einen soliden Kandidaten für die Kommission.

Günther Oettinger wird EU-Kommissar bleiben, wechselt aber das Ressort. © European Union, 2014

Günther Oettinger wird EU-Kommissar bleiben, wechselt aber das Ressort. © European Union, 2014

Mit anderem Personal hätte Deutschland in Mayers Augen aber einen einflussreicheren Kommissionsposten bekommen:


Mit Bekanntwerden von Oettingers neuer Aufgabe hatte es viel Häme gegeben. Der Schwabe gilt keinesfalls als digital native. Und auch sein Englisch – die Sprache des westlichen Internets – wurde oft kritisiert und karikiert.


Thomas Mayer glaubt trotzdem, dass Günther Oettinger einen wichtigen Posten bekommen hat. Seiner Ansicht nach könnte sich das Digital-Ressort in den nächsten Jahren zu einem der spannendsten und wichtigsten Themenfelder entwickeln.