Brüssel, EU-Kommission, Medien
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein erster Pressesprecher Margaritis Schinas © European Union, 2014
05.11.2014

High Noon in Brüssel: Die neue Gesprächigkeit der EU-Kommission

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Jean-Claude Juncker will vieles anders machen. Dazu gehört auch die tägliche Pressekonferenz der Kommission. Nachdem wir Mitte Oktober auf die 65-jährige Geschichte der Bundespressekonferenz in Berlin geblickt haben, berichtet unsere Korrespondentin Annette Riedel nun über das tägliche Ritual des Midday Briefings in Brüssel. Und darüber, was in Zukunft anders werden soll.

Um 12 Uhr mittags ist der Brüsseler Journalist, ist die Brüsseler Journalistin, im Pressesaal der EU-Kommission. Oder sitzt vorm Fernseher und hat den kommissioneigenen Nachrichtenkanal eingeschaltet. Um 12 Uhr ist „Midday Briefing“. Live und in Farbe. Die Sprecher der EU-Kommission geben Auskunft über Termine, Vorhaben, Meinungen – wenn sie sie denn haben – des EU-Kommissionpräsidenten bzw. einzelner Kommissare. Im Anschluss beantworten sie alle Fragen, die die Pressevertreter aus allen 28 EU-Ländern haben. Sie tun das in der Regel mehr oder weniger wortkarg. Was macht die EU im Kampf gegen Ebola? Was ist die Haltung der EU zu den Wahlen in der Ost-Ukraine? Was ist die Haltung der EU-Kommission zum Streit um zusätzliche Zahlungen Großbritanniens in den EU-Haushalt? Usw., usw., usw. Das ist seit vielen Jahren so. Die neue EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker aber hat sich vorgenommen, ihre Kommunikation mit der Presse zu verbessern. Dass sie es zumindest mal im Ansatz ernst zu meinen scheint, davor ließen sich schon gestern und heute in Brüssel Anzeichen finden. Es scheint eine neue Kultur der Gesprächigkeit geben zu sollen.

Heute kam der frisch gebackene Kommissionspräsident Juncker höchst selbst in den Pressesaal, um von der ersten Sitzung der neuen Kommission zu berichten und Fragen zu beantworten. Er gab darüber hinaus ein Versprechen ab, an dem er sich über die Strecke wird messen lassen müssen: Immer, nach jeder Kommissions-Sitzung (also jeden Mittwoch) will er fürderhin vor die Presse kommen, bzw. einen seiner Vizepräsidenten schicken. Vorgänger Barroso ließ sich so gut wie nie im Pressesaal blicken. Die einzelnen Kommissare kamen nur, wenn sie eine Gesetzesinitiative aus ihrem jeweiligen Beritt vorzustellen hatten. (Dass es bei Juncker anders als bei seinem Vorgänger auch etwas zu lachen gab, war ein nicht unwillkommenes Bonbon nebenbei).

Und da war gestern schon ein Pressetermin der neuen Außenbeauftragten der EU, Federica Mogherini, nach ihrem Treffen mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg – sie hat dabei bemerkenswerter Weise sogar etwas Anderes gesagt, als die Tagesordnung wiederzugeben. Beides – freiwillige Begegnung mit der Presse und dann auch noch etwas sagen wollen – das hatte bei ihrer Vorgängerin, Lady Ashton, absoluten Ausnahmewert.

Es war ein Aufgalopp, zugegeben. Mal sehen, ob sich die neue Gesprächigkeit nicht als Feuerwerk mit Strohfeuer-Qualität erweist, sondern ob sie zum Dauerbrenner wird. Die Kommunikationskultur ist zwar nicht das einzige, was sich in Brüssel ändern soll und muss, vielleicht noch nicht einmal das wichtigste. Unwichtig ist sie aber wahrhaftig nicht. Man stelle sich nur vor, es verändert sich wirklich etwas, verbessert sich gar – und kaum einer bekommt es mit! Es wäre gut, wichtig, richtig, wenn die Kommission und die Öffentlichkeit (also nicht zuletzt die in Gestalt der Presse) im Gespräch miteinander blieben.