Brüssel, Europaparlament
Nigel Farage (EFDD) und Jean-Claude Juncker (v.l.n.r.) nach der Bestätigung Junckers im EU-Parlament © European Union, 2014
Nigel Farage (EFDD) und Jean-Claude Juncker (v.l.n.r.) nach der Bestätigung Junckers im EU-Parlament © European Union, 2014
24.11.2014

Misstrauen von Rechts und Links

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Die Luxleaks-Debatte um Steuererleichterungen für Großunternehmen in Luxemburg kratzt an der Glaubwürdigkeit von Jean-Claude Juncker – schließlich war der Kommissionspräsident selbst Premierminister des Großherzogtums. Nun stellen Abgeordnete aus dem Lager der rechten EU-Kritiker einen Misstrauensantrag gegen ihn. Dass das Parlament dem neuen Kommissionschef sein Misstrauen aussprechen wird, gilt als ausgeschlossen – der Antrag ist symbolischer Natur. Er macht aber deutlich, dass Juncker in der Zusammenarbeit mit dem Parlament auch in Zukunft mit Gegenwind von Rechts und Links rechnen muss.

Zunächst hatten die Abgeordneten der linken Fraktion GUE/NGL versucht, ein Misstrauensvotum gegen Juncker zu organisieren. Die dafür notwendigen Stimmen von zehn Prozent der Abgeordneten (76) konnten die Linken aber nicht zusammenbekommen. Anders die rechten EU-Skeptiker der EFDD und der Fraktionslosen Abgeordneten: Sie fanden genug Unterstützer und stellten am Dienstag vergangener Woche ihren Misstrauensantrag gegen den Kommissionschef. Darin sind sie „der Auffassung, dass es inakzeptabel ist, dass eine Person, die für diese aggressive Politik der Steuerumgehung verantwortlich war, das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission bekleiden soll“.

Keine Unterstützung von Links

Mit dieser Kritik liegen die rechten EU-Kritiker nicht weit weg von dem, was die linke GUE/NGL formuliert hatte: Sie kritisierten, „dass der ehemalige Regierungschef einer Steueroase sowie Verfechter einer wachstums- und beschäftigungsfeindlichen sowie unsozialen Kürzungspolitik nicht den Interessen der Mehrheit der EU Bürgerinnen und Bürgern dient.“ Auch bei der Abstimmung über Junckers Kommission Ende Oktober hatten beide Gruppen Juncker (fast geschlossen) die Zustimmung verweigert.

Trotzdem wollen die linken Abgeordneten das rechte Misstrauensvotum nicht unterstützen. Der Antrag gehe ihnen nicht weit genug, schreibt die Fraktion in einer Pressemitteilung, und weiter: „Der Fraktionsvorsitzende der EFDD Nigel Farage (UKIP) […] greift Steuerhinterziehung- und vermeidung in Luxemburg an, schweigt aber zum Steuerdiebstahl durch das Vereinigte Königreich und die City of London.“

Vielleicht geht es aber auch einfach nur darum, dass Linke niemals einen Antrag der rechtspopulistischen EU-Skeptiker unterstützen würden.

Die Mitte steht hinter Juncker

Am Montagabend wird es im Parlament zunächst eine Aussprache zum Antrag geben. Unabhängig davon, wie die Fronten zwischen Rechts und Links im EU-Parlament verlaufen, muss sich Juncker aber keine Sorgen um seine Zukunft machen. Bei der eigentlichen Abstimmung am Donnerstag gilt als sicher, dass kaum mehr als die 76 Abgeordneten, die hinter dem Misstrauensvotum stehen, dem auch zustimmen werden. Für eine erfolgreiche Abstimmung müssten mindestens zwei Drittel der anwesenden und mindestens die Hälfte aller Abgeordneten gegen Juncker stimmen.

Nur der Vollständigkeit halber: Sollte es doch – entgegen aller politischer Logik – zu einem erfolgreichen Misstrauensvotum kommen, muss die gesamte Kommission abtreten und eine neue Kommission bestimmt werden.