Agrarpolitik, Bundesregierung, Entwicklungszusammenarbeit, Verkehrspolitik
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) / Foto: Soeren Stache/dpa
28.10.2015

Vollkommen überfragt

Von

Es gibt Momente, da ist man als Journalist sehr überrascht – weil die Reaktion auf eine eigentlich einfache Frage unerwartet ist. Was würde man erwarten, wenn man den Sprecher eines Ministeriums fragt, ob sein Chef auch in zwei Wochen im Amt ist?

12.30 Uhr, die mittwöchliche Regierungspressekonferenz, kurz nach der Kabinettssitzung. Die heute dort beschlossenen Dinge wurden verkündet, ich bin noch auf dem Weg hinunter. Im Fahrstuhl zum Saal mit der blauen Wand lese ich noch kurz, was beim Thema Flüchtlinge und CSU gerade so berichtet wird, darunter eine Meldung im Bild-Ticker: unter Berufung auf Vertraute im Umfeld von Seehofer wird berichtet, es gebe beim CSU-Vorsitzenden die Überlegung, am Montag per Vorstandsbeschluss den Abzug der drei Minister Christian Schmidt (BMEL), Gerd Müller (BMZ) und Alexander Dobrindt (BMVI) aus dem Kabinett zu beschließen. Eine Meldung, die überhaupt nicht stimmen muss. Weshalb ich noch nichts Böses denke, als ich frage:

Steiner: Meine Frage richtet sich an die Sprecher von Herrn Dobrindt, Herrn Müller und Herrn Schmidt: Gehen Sie davon aus, dass die jeweiligen Minister auch übernächste Woche noch Minister sind, oder gibt es Gründe, daran zu zweifeln?

Diroll (BMZ): Da Sie jetzt uns drei als Sprecher gefragt haben, möchte ich einmal den Anfang machen: Ich sehe jetzt eigentlich keinen Grund, auf Ihre Frage konkret einzugehen bzw. Berichterstattungen zu verschiedenen Themen für die nächste Woche zu kommentieren. Auf was beziehen Sie sich genau?

Zusatzfrage Steiner: Wenn Sie es genau wissen wollen: Auf die Meldung der „BILD“ von 12.01 Uhr, dass es CSU-interne Überlegungen eines Rückzugs geben würde. Ich würde ja davon ausgehen, dass dieser dann auch mit den entsprechenden Ministern abgesprochen wäre.

Diroll: Da halte ich es mit dem Regierungssprecher, der Ihnen letzte Woche schon gesagt hat, dass wir zu Einzelberichterstattungen keine Kommentare hier in der Regierungspressekonferenz abgeben. Ich denke, zu den Treffen, die es am Wochenende gibt, hat der Regierungssprecher alles gesagt; insofern möchte ich dazu weiter keine Stellung nehmen.

Die Sprecherin Gerd Müllers redet einfach mal irgendetwas. Es wird in der Regierungspressekonferenz dauernd auf Einzelberichterstattungen Bezug genommen und Nachfragen dazu gestellt und ist vollkommen normales Tagesgeschäft. Und natürlich war ich nicht so einfältig, ihnen die einfache Ausfahrt „Parteipolitik“ zu erlauben. Daher ging es weiter:

Zusatzfrage Steiner: Meine Frage bezog sich relativ klar auf die Rolle als Minister. Die Frage ist also, ob der Minister davon ausgeht, dass er auch übernächste Woche noch Minister ist.

Diroll (BMZ): Der Minister hat, wie Sie in den letzten Tagen gesehen haben und wie Sie heute auch an den Themen der Regierungspressekonferenz sehen, in unserem Bereich mit sehr vielen Themen zu tun, die auch mit der Bekämpfung von Fluchtursachen zu tun haben. Sie können davon ausgehen, dass wir uns mit voller Kraft unseren Aufgaben und unseren Themen widmen. Entsprechend läuft die Arbeit und ist die Arbeit im Ministerium in den nächsten Tagen auch geplant.

Susteck (BMVI): Herr Steiner, ich würde das für unser Haus gerne kurz ergänzen ich habe das auch in der Vergangenheit schon gesagt : Dort, wo wir mit dem Thema Flüchtlinge zu tun haben, zum Beispiel im Bereich der Deutschen Bahn, wo es um die Beförderung von Flüchtlingen geht, arbeiten wir eng und vertrauensvoll mit allen anderen Häusern in der Bundesregierung zusammen. Darüber hinaus kann ich mich nur den Worten der Kollegin aus dem BMZ anschließen. Ansonsten möchte ich Sie bitten, wenn Sie diesbezüglich parteipolitische Nachfragen haben, sich nicht an mich als Ressortsprecher zu wenden, sondern an die Parteizentrale.

Reymann (BMEL): Auch das BMEL schließt sich diesen beiden Einschätzungen an; auch ich kann Sie leider nur an die CSU-Parteizentrale verweisen.

Meine Überraschung wurde größer und größer. Nachfragen sind zulässig, wenn der Vorsitzende sie zulässt, und das war angesichts der Nichtantworten natürlich so:

Zusatzfrage Steiner: Das heißt, Ihre Minister haben keine eigene Einschätzung dazu, ob sie in zwei Wochen noch weiter Minister bleiben? Das geht sowohl an Sie, Herr Susteck, als auch an Sie, Herr Reymann.

Reymann (BMEL): Ich kann meiner bisherigen Aussage nichts Weiteres zufügen; diese Fragen müssten Sie bitte an die CSU in München stellen.

Minister, deren Sprecher nicht so genau sagen können, ob ihre Minister auch in zwei Wochen noch Minister zu sein planen und auf die Parteizentrale verweisen, was mit der Frage der Führung des Hauses erst einmal gar nichts zu tun hat, das habe ich noch nicht erlebt. Man erlebt doch immer wieder Überraschungen.