Berlin
Unter Kindern: Manuela Schwesig und Andrea Nahles besuchen eine Berliner Kita. Foto: Johannes Kulms
12.01.2016

Was für ein Kindergarten!

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Politik ist ein ständiges kompliziertes Gerangel um sehr komplizierte Themen. Wie schön wäre es doch, wenn alles etwas einfacher wäre. Und bildhaft wäre auch nicht schlecht. Kindergärten eignen sich dafür besonders gut. Eine Kostprobe

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles haben die Medien eingeladen, sie zu einem Besuch zu begleiten. Ziel ist die JUWO-Kindertagesstätte auf dem Gelände des Vivantes-Klinikums im Friedrichshain. Dort wollen beide das das Programm „KitaPlus“ vorstellen, das seit Anfang Januar gilt und flexiblere Öffnungszeiten von Kitas ermöglichen soll. In der JUWO-Kita funktioniert das schon ganz gut.

Doch dorthin muss man erstmal gelangen: Vom Klinikeingang geht es über einen gefühlt 800m langen Krankenhausflur, immer schnurstracks geradeaus. In einem größeren Raum ereilt mich ein kurzer Panikmoment: Mist, die Pressekonferenz läuft schon! Doch die zahlreichen Damen und Herren mit Klemmbrettern auf den Knien stellen sich als Patienten raus.

Die „echten Journalisten“ warten stattdessen im dem für diese Situation viel zu engen Eingangsbereich von Haus 6, wo die JUWO-Kita sitzt. Man sei überrascht über den Andrang, man habe ja gar nicht mit so viel Interesse gerechnet, sagt eine PR-Frau. Tatsächlich: Wir sind ein ordentliches Knäuel geworden! Das hier sei ein besonderer Ort um zu Fotografieren und Filmen (da Kinder), aber alle hier rumhüpfenden Kinder dürften auch aufgenommen werden.

Kurz betrete ich die „Werkstatt“ der Kita. Im Gegensatz zum Flur ist es hier ziemlich still. Nur ein paar tuschende Kinder tuscheln vor sich hin und kichern. „Komme ich jetzt ins Fernsehen?“ fragt mich ein kleiner Junge mit Brille, dem ich gerade ein Mikrofon vor die Nase halte, um die Geräusche seines Malpinsels aufzunehmen. „Nee“, sag ich, „Leider nur Radio“.

Dann sind sie da. Sofort scheinen sich Manuela Schwesig und Andrea Nahles wohlzufühlen. Ein kleines Mädchen zeigt ihnen eine Tafel. Darauf Wäscheklammern mit den Gesichtern der Kinder, die da sind. Schwesig und Nahles haben auch eine Klammer bekommen. Ob die Kinder selber die kleinen Köpfe passgenau ausgeschnitten haben? Dann geht es rein ins Getümmel: Nahles und Schwesig betreten den Kita-Raum und steuern einen Teppich an, auf dem Kinder und Bauklötze verstreut liegen. Die Ministerinnen nehmen Platz und beginnen mit den Lütten zu quatschen. All das unter der Beobachtung eines medialen Halbkreises– eine Wand aus Mikrofonen, Kameras, Fotoapparaten und Schreibblöcken. Es blitzt und klickt im Sekundentakt.

Eigentlich müsste das doch schon genug schönes Bildmaterial geben. Trotzdem gibt es am Ende des Rundganges noch mal ein Abschlussbild mit den beiden Politikerinnen, der Kita-Leiterin, Eltern – und ein paar Kindern. Letzteren scheint zunächst gar nicht klar zu sein, was passiert: Ein Mädchen bohrt in der Nase, ein anderes schaut neugierig rüber. „Bitte noch einmal hierher schauen“ ruft ein Journalist. Oder so was ähnliches. Nun begreifen auch die Lütten. Das Bild ist fast perfekt. Kurz darauf wird es in den Medien veröffentlicht. Wie schön, dass alles so einfach sein kann.