Berlin, Digitalpolitik, Kommentare, Rechtspolitik 28.06.2016

Kommentar: BND-Reform – Nur teilweise gelungen

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Ein Kommentar

im Deutschlandfunk

Eines wird mit diesem Gesetz Geschichte sein: dass der Bundesnachrichtendienst weitgehend tun und lassen kann, was er selbst für richtig hält. Das ist mit dem heutigen Tag kaum mehr umzukehren, denn der Kabinettsbeschluss zu den Änderungen an den Befugnissen des BND enthält viele Regelungen, die ihm Vorgaben machen, wie er in Internet- und Satellitenverkehren schnüffeln darf. Das Kanzleramt bemüht sich, zu betonen, dass es dabei keine Einschränkung der Befugnisse gebe – und das ist, wenn man den Gesetzentwurf liest, mit Ausnahme der EU-Ziele, die er nun grundsätzlich nicht mehr ausspähen darf, auch weitgehend richtig.

Tatsächlich darf der BND künftig auf rechtssicherer Grundlage vieles, was bislang im Ungefähren lag, die BND-Mitarbeiter haben klare Berichtspflichten an die Hausspitze und die ans Bundeskanzleramt und teils auch an den Kanzleramtsminister. Dieses Gesetz müsste beim BND und seinen Mitarbeitern für helle Freude sorgen, sie müssten Peter Altmaier eigentlich einen Erdbeerkuchen zum Dank schicken. Dass die Sachbearbeiterebene sich für das strukturelle Versagen der politischen Führung rechtfertigen musste, die den Mangel an Recht mit kreativer Interpretation füllte, das war ein auf Dauer unhaltbarer Zustand. Der BND könnte nun eigentlich in ruhigeres Fahrwasser kommen, mit neuem Präsidenten, mit klareren Aufgaben und klareren Grenzen.

Die Opposition schäumt, angesichts dieser Reform. Manches an der Kritik ist berechtigt, anderes nicht. Natürlich entsteht mit einem weiteren Kontrollorgan ein unnötiger Verlust an Wissen. Natürlich erlaubt diese Reform viel, in Teilen auch sehr viel. Aber sie ist auch mehr als nur eine Minimalreform – selbst die Berichtspflicht des neu zu schaffenden Gremiums beim Bundesgerichtshof an das Parlamentarische Kontrollgremium ist, anders als von einigen Oppositionspolitikern behauptet, enthalten.

Doch, bei aller Verbesserung: mit Rechtstexten alleine lässt sich nicht regeln, was technisch unmöglich ist. Die neue Maxime, dass Freunde nicht mehr ausgepäht werden dürfen, genau so wenig wie Deutsche, sie krankt an der technischen Umsetzung. Wenn Franzosen mit Franzosen chatten, wären sie künftig eigentlich geschützt. Doch: woher soll der BND wissen, dass es EU-Bürger und nicht zum Beispiel Menschen aus afrikanischen Krisenregionen sind sind? Internetstrecken, die er in Deutschland abfängt, und darum geht es bei diesem Gesetz, sind oft ein bunter Mix an Verkehren, auf dem Weg von einem Eckchen des Planeten zu einem anderen.

Im Kanzleramt zuckt man dazu mit den Achseln: wenn man Kenntnis erlange, würde man ausfiltern. Sonst wäre das Unmöglich. Dieser Teil der Reform ist nicht gelungen – auch, weil er technisch kaum gelingen kann. Weshalb es am Ende wohl doch nur eine Frage der Zeit bleiben wird, wann das nächste Mal beim BND jene miterfasst werden, die man eigentlich nun ausschließen wollte.

(tb)

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