Berlin, Parteien, Wahlen und Wahlkampf
Mancher Unionsinnenminister würde aus Wahlkampfgründen gerne die Vollverschleierung verbieten (Foto: Ursula Tipke-Kulms)
16.08.2016

CDU, CSU und die Vollverschleierung

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Als gäbe es nichts wichtigeres, wird in Deutschland mal wieder hitzig über ein sogenanntes Burka-Verbot (die Kollegen vom MDR haben hier übrigens mal die Unterschiede zwischen Burka, Niqab und Co. dargestellt) debattiert. Das passiert immer wieder – gerne auch vor Wahlen , gerne auch von Seiten der Unionsparteien (nun stehen ja Berlin und Mecklenburg-Vorpommern an und die beiden Spitzenkandidaten der CDU, Lorenz Caffier und Frank Henkel, sind gleichzeitig Innenminister bzw. Innensenator in ihrem Bundesland. In beiden Bundesländern liegt die CDU – die jeweils kleiner Koalitionspartner in einer großen Koalition ist – in den Umfragen knapp hinter der SPD und von der AfD trennen die Christdemokraten im Moment nur noch jeweils vier Prozentpunkte). Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sowohl CDU als auch CSU ihre Position zur Vollverschleierung beschlossen haben:

In der sogenannten Karlsruher Erklärung, die die CDU bei ihrem Parteitag 2015 verabschiedet hat, ist in der Beschlussfassung von einer Forderung nach einem Verbot, auch wenn diese so mancher Wahlkämpfer und so mancher Wahlkämpferin (Kurz darauf wurde in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt gewählt) gerne drin gehabt hätte, nichts zu lesen:

„Integration lebt von Begegnung und dem wechselseitigen Austausch. Dies ist aber nur möglich, wenn alle Seiten bereit sind, von Angesicht zu Angesicht miteinander zu kommunizieren. Diese Offenheit vermissen wir bei öffentlich getragenen Vollverschleierungen. Wer eine solche trägt, dokumentiert damit seine fehlende Bereitschaft zur Integration in unsere freie und offene Gesellschaft. Deshalb lehnen wir die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit ab.“

Die CSU hat bei ihrem Parteitag, übrigens auf Initiative von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hin, folgendes beschlossen (ausführlicher hier):

„Der CSU-Parteitag fordert die CSU Landesgruppe im Deutschen Bundestag auf, darauf hinzuwirken, dass das Tragen von Burka und Niqab (Vollverschleierung) deutschlandweit verboten wird.“

Die CSU-Landesgruppe allerdings (der Christian Schmidt übrigens angehört) ignorierte diese Aufforderung dann offensichtlich ganz dezent und beschloss bei ihrer Klausur in Wildbad-Kreuth Anfang dieses Jahres folgendes (der vollständige Beschluss hier nachzulesen):

„Ein gesellschaftliches Zusammenleben funktioniert nicht ohne Integration. Wir bieten Menschen, die zu uns kommen, eine neue Heimat. Als Gegenleistung erwarten wir
einen starken Willen zur Integration. Integration lebt immer von der Begegnung und dem wechselseitigen Austausch. Dieser ist aber nur möglich, wenn alle Seiten bereit
sind, von Angesicht zu Angesicht miteinander zu kommunizieren. Eine Burka oder Ganzkörperverschleierung und das damit zum Ausdruck gebrachte Welt- und
Rollenverständnis stehen dem Prinzip der Offenheit genauso wie eine „Scharia-Polizei“ entgegen. Für Parallelgesellschaften, eine Paralleljustiz und die Diskriminierung von
Menschen aufgrund von Glauben und Geschlecht ist bei uns kein Platz.“