Brüssel, EU-Kommission, Europäischer Rat, Medien, Medien
Passkontrolle auf dem Brüsseler Flughafen Zaventem © European Union 2011 PE-EP
Passkontrolle auf dem Brüsseler Flughafen Zaventem © European Union 2011 PE-EP
28.01.2016

Schmeißt die Griechen endlich raus!

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Die Griechen schützen ihre EU-Außengrenze nicht. Deshalb überlegt die EU nun, sie aus dem Schengen-Raum rauszuschmeißen. So haben es zahlreiche Medien seit Mittwoch berichtet. „Recht so!“, mögen viele Leser da gedacht haben. Allein: Das ist rechtlich gar nicht möglich.

Nichts scheint voranzugehen in der Flüchtlingskrise. Weiterhin kommen hilfesuchende Menschen in die EU, weiterhin ist keine Lösung für eine gerechte Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU in Sicht und weiterhin gibt es keine sicheren und vor allem legalen Wege für Flüchtlinge, um bei uns Schutz zu suchen. Eine einheitliche Flüchtlingspolitik ist nicht absehbar. Nur in einem scheinen sich die EU-Innenminister bei ihrem Treffen Anfang der Woche in Amsterdam einig geworden zu sein: Griechenland ist schuld. So polterte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière:

„Wir werden Einfluss ausüben auf Griechenland, dass Griechenland seine Hausaufgaben macht.“

Der faule Eleve Griechenland hat mal wieder seine Hausaufgaben nicht gemacht – das Narrativ kennt man schon aus der Finanzkrise. Auch so kann man von eigenen Fehlern ablenken.

Eintrag ins Muttiheft

Da passt es doch ins Bild, dass die EU-Kommission am Mittwoch Griechenland ganz offiziell dafür gerügt hat, dass es seine EU-Außengrenze nicht ordentlich schützt – oder, um im Bild zu bleiben: Es gab einen Eintrag ins Muttiheft. Der entsprechende Bericht wurde bisher zwar nicht veröffentlicht. EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis verriet aber so viel:

„Der Bericht hält insbesondere fest, dass irreguläre Migranten nicht identifiziert und registriert werden. Fingerabdrücke werden nicht systematisch aufgenommen und Reisedokumente nicht überprüft und nach Einträgen im Schengener Informationssystem oder nationalen Datenbanken gesucht.“

Griechenland lässt also Menschen unkontrolliert ins und damit durchs Land reisen, ohne Asylanträge aufzunehmen und die Menschen, die keinen Asylantrag stellen, sofort wieder abzuschieben. Denn das sehen die Dublin-III-Regeln eigentlich vor. Werden sich die Mitgliedsstaaten kommende Woche einig, dann erhält Griechenland drei Monate Zeit, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen. Und wenn nicht?

 

Focus-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.focus.de/politik/ausland/schutz-der-aussengrenzen-eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf_id_5243894.html

Focus-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.focus.de/politik/ausland/schutz-der-aussengrenzen-eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf_id_5243894.html

t-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_76798406/eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf.html

t-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_76798406/eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf.html

Spiegel-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-eu-kommission-droht-mit-schengen-rauswurf-a-1074201.html

Spiegel-Online-Schlagzeile. Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-eu-kommission-droht-mit-schengen-rauswurf-a-1074201.html

 

Ende, aus, Micky Maus! Dann fliegt Griechenland aus dem Schengenraum und die EU kann endlich die Grenze dicht machen! So suggerieren es jedenfalls die Überschriften. Aber was hatte Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis wirklich angekündigt?

 

„Wenn keine notwendige Abhilfe geschaffen wird und die Verstöße weiter andauern, dann kann das Verfahren aktiviert werden, das in Artikel 26 des Schengen-Abkommens vorgesehen ist. Dieser würde es Mitgliedsstaaten erlauben, ihre Grenzen vorübergehend zu schließen.“

Grenzen vorübergehend schließen – Mit der etwas missverständlichen Formulierung meint Dombrovskis Grenzkontrollen. Und was ist mit dem Rauswurf? Der ist nicht vorgesehen. Maximal zwei Jahre lang dürfen Grenzkontrollen aufrecht erhalten werden. Mehr sieht der Schengen-Vertrag nicht vor. Welche Vertragsänderungen es bis dahin geben kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Jeder Klick zählt

Das erfährt man dann auch, ließt man etwas weiter. Für eine griffige Überschrift, mit der die Leser zum Klicken animieren werden, ist das natürlich viel zu komplex. „…macht Druck auf Griechenland“ oder „…verlangt von den Griechen…“ – wer soll da klicken? Zumal die österreichische Außenministerin Mikl-Leitner am Montag schon so schön vorgelegt hatte.

Am ehrlichsten gehen übrigens die Redakteure des t-Online-Portals mit ihrer Rauswurf-Überschrift um. Weiter unten gestehen sie nämlich ein:

 

Screenshot: http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_76798406/eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf.html

Screenshot: http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/eu/id_76798406/eu-kommission-droht-griechenland-mit-schengen-rauswurf.html

 

Warum die EU-Kommission den Griechen dann mit einem Schengen-Rauswurf drohen sollte, bleibt offen. Und um noch einmal – so wie es die t-Online-Kollegen ja richtig erläutert haben – die Bedeutung von temporären Grenzkontrollen für Griechenland deutlich zu machen, eine Karte des Schengen-Raumes:

 

Schengenzone

Schengenzone von CrazyPhunkEigenes Werk, Gemeinfrei, $3

 

Alle blauen Staaten sind Mitglieder der Schengen-Zone (hellblau=Schengen-Mitglied, aber nicht in der EU), die hellbraun gefärbten Staaten werden erst in Zukunft Teil des Schengen-Raumes. So wird ersichtlich, dass Griechenland lediglich über Luft- und Seegrenzen zu anderen Schengen-Ländern verfügt und schon jetzt (zumindest in Sachen Schengen-Binnengrenzen) ziemlich „isoliert“ dasteht.

 

Kommentare zu diesem Beitrag (1)

  1. Michalis | 30. Januar 2016, 15:43 Uhr

    lefkada1313

    Wollte das Volk den Schengen – Raum ?(Das Hellenische)
    Will das Deutsche Volk den Euro ?
    250000 Demonstrieren gegen TTIP aber der Dicke Sigi Interessiert sich nicht dafür !
    Europa Radikalisiert sich (zuRecht)