Letzter Tag der Anhörungen der Kommissars-Kandidaten. Nicht nur die Abgeordneten sind froh, dass bald alle 27 Hearings geschafft sind. Auch uns glühen die Ohren nach dann insgesamt 81 Stunden Frage-Antwort-Spiel plus eineinhalb Stunden Nachsitzen von Jonathan Hill (Vielen Dank Herr Hill, das musste wirklich noch sein…). Es wurde noch einmal richtig hochkarätig: Ein Vize-Kommissionspräsident und ein Erster Vize-Kommissionspräsident gaben sich die Ehre.
Kandidat Nr. 26: Jyrki Katainen (Finnland)
Jyrki Katainen © European Union, 2014
Der Finne tritt an für den Kommissionsposten: Arbeit, Wachstum, Investitionen und Vizepräsident.
Unsere Bewertung
Pflichtnoten:
Politische Erfahrung 8
Konzept 7
Überzeugungskraft 7
Kürnoten:
Entschlossenheit 7
Bisherige Fachkompetenz 9
Audiovisuelle Kompetenz 8
Der ehemalige finnische Ministerpräsident gilt vor allem den südeuropäischen Staaten als Freund der Austeritätspolitik. So hat er von Griechenland zusätzliche Sicherheiten für ein Rettungspaket gefordert. Nun will er Junckers 300 Milliarden Euro-Investitionspaket auf die Beine stellen. Und das, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Kritiker glauben nicht, dass das möglich sei. Katainen verweist auf private Investitionen. Mit öffentlichem Geld müssten diese angestoßen werden. Das öffentliche Geld könne unter anderem von Staaten kommen, deren Haushalte Überschüsse erwirtschaften.
Für seinen Mut, sich derart offensiv mit Angela Merkel und Wolfgang Schäuble anzulegen, verleihen wir Jyrki Katainen die Luke-Skywalker-Medaille. Möge er nur nicht auf die dunkle Seite der Macht wechseln.
Kandidat Nr. 27: Frans Timmermans (Niederlande)
Frans Timmermans © European Union, 2014
Der Niederländer tritt an für den Kommissionsposten: Justiz, Grundrechte und erster Vizepräsidentin.
Unsere Bewertung
Pflichtnoten:
Politische Erfahrung 9
Konzept 8
Überzeugungskraft 10
Kürnoten:
Entschlossenheit 9
Bisherige Fachkompetenz 9
Audiovisuelle Kompetenz 10
Mit Charme und beeindruckenden Sprachkenntnissen hat Frans Timmermans gezeigt, dass er der Richtige für den Posten des Ersten stellvertretenden Kommissionspräsidenten ist. In den Augen mancher wäre er sogar der bessere Kommissionspräsident gewesen. In fließendem Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und natürlich Niederländisch beantwortete er die Fragen der Abgeordneten.
Unter anderem wolle Timmermans Brüssel transparenter machen, kündigte er an. Sein Ziel: Eine Registrierungspflicht für Lobbyisten. Außerdem solle sich die EU nicht in Belange der Nationalstaaten einmischen, die diese selbst besser lösen könnten.
Dem Sprachentalent Frans Timmermans verleihen wir den Langenscheidt-Ehrenpreis.
Das Voting
Unser Voting orientiert sich an einem seit vielen Jahren international anerkannten System: dem Bewertungssystem für Eistanz und Eiskunstlauf. Dabei können für jede Wertung zwischen 1 und 10 Punkte vergeben werden.
Im Pflichtteil werden Noten vergeben für die politische Erfahrung, das Konzept (also welche Vorhaben der Kandidat in seinem Ressort hat) und seine Überzeugungskraft.
Die Kür besteht aus der Entschlossenheit (sich auch an schwierige Themen zu wagen), der bisherigen Fachkompetenz und der audiovisuellen Kompetenz (die vor allem für uns Journalisten von großer Bedeutung ist).
Folge des Vorsingens verpasst?
Was bislang geschah:
Tag 5: Auf die Gefahr, Sie zu langweilen…
Tag 4: Defizite und Erinnerungsfotos
Tag 3: “Ich bin nicht hier als Vertreter der City of London”
