3x Links 03.11.2014

03.11.2014: Mehrheiten im Rat

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François Hollande, Angela Merkel, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz beim EU-Gipfel im Oktober 2014 © European Union, 2014

François Hollande, Angela Merkel, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz beim EU-Gipfel im Oktober 2014 © European Union, 2014

Seit dem Wochenende (1.11.) hat sich in Europa etwas verändert: die Definition der „qualifizierten Mehrheit“. Sie spielt eine wichtige Rolle in den Abstimmungen des Ministerrats der Europäischen Union. Neben den Entscheidungen, bei denen die einfache Mehrheit genügt, und den ganz tiefgreifenden, die Einstimmigkeit erfordern, ist die qualifizierte Mehrheit das Kriterium im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren.

Nun wurde die qualifizierte Mehrheit in der Definition des Vertrages von Nizza (einfache Mehrheit der Staaten, sowie 74% der Einwohner) abgelöst durch die Version des Lissaboner Vertrages (55% der Staaten und 65% der Einwohner). In beiden Fällen geht es um eine doppelte Mehrheit: nach Mitgliedsstaaten und Einwohnern. Die den Einwohnerzahlen unproportionale Verteilung der Stimmgewichte auf die Mitgliedsländer sorgt oft für Befremden. Es gilt jedoch zu bedenken, dass souveräne Staaten, mögen sie klein oder groß sein, die Verhandlungen führen und als „dramatis personae“, also als handelnde Akteure betrachtet werden.

1) Jürgen Habermas formulierte die grundsätzliche Kritik, beim Europäischen Rat handele es sich um Exekutivföderalismus (Minister, also Mitglieder der Exekutive, bilden in einem supranationalen Organ plötzlich die Legislative), der der Gewaltenteilung zuwiderlaufe.

2) Eric Meyer von der Uni Münster untersucht in seiner Studie die Macht der Mitgliedsstaaten im Ministerrat der EU.

3.) Rainer Hofmann beleuchtet die rechtliche Stellung der Unionsorgane, ihre institutionellen Abhängigkeiten und die Frage der Gewaltenteilung in einem Skript zum Europarecht.

Die Gewinner des Verfahrens von Nizza – Länder mit überproportionalem Stimmgewicht – waren Spanien und Polen. Sie gönnen sich noch ein kleines Rückzugsgefecht: Die neue Version der „qualifizierten Mehrheit“ gilt bis zum 1.11. 2017 unter Vorbehalt. Ein Mitgliedsstaat kann bis dahin die Anwendung der Nizza-Regeln verlangen.

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